„Das Ende der Armut“

Bill Gates fordert Optimismus und Sorge um jeden Menschen.
Vor Davos: Vorurteile über Entwicklungshilfe sind schädlich.

In ihrem Jahresbrief kurz vor dem Weltwirtschaftsforum in Davos gehen die weltweit größten Stifter, Bill und Melinda Gates, mit westlichen Vorurteilen hart zu Gericht und prophezeien „das Ende der weltweiten Armut“.

Drei Vorurteile behindern nach Meinung der Stiftung eine positive Entwicklung. Vorurteil Nummer eins: Arme Länder werden immer arm bleiben, davon sind acht von zehn Deutschen überzeugt. Vorurteil Nummer zwei: Entwicklungshilfe macht die Empfängerländer abhängig. Vorurteil Nummer drei: In armen Ländern Leben zu retten, führt zu Überbevölkerung.

„Menschen sind keine Maschinen“, schreibt Melinda Gates. „Wir reproduzieren uns nicht stumpfsinnig. Wir fällen Entscheidungen auf der Basis der Umstände, in denen wir leben.“

Es stimme nicht, dass arme Länder arm geblieben seien. Seit 1960 habe sich der Anteil der sehr armen Menschen mehr als halbiert. Länder wie die Türkei, Chile und Malaysia hätten heute ein inflationsbereinigtes Pro-Kopf-Einkommen vergleichbar mit einem Amerikaner im Jahr 1960. China, Indien und Brasilien seien aufgestiegen in die Riege der Schwellenländer. In Afrika habe sich die Lebenserwartung einer Frau südlich der Sahara trotz HIV seit 1960 von 41 auf heute 57 Jahre erhöht. In Thailand seien die Geburtenraten parallel zum Rückgang der Kindersterblichkeit massiv gefallen: von sechs Kindern pro Frau Anfang der 60er-Jahre auf durchschnittlich 1,6 Kinder heute. Das Gleiche gelte für viele andere Länder, zum Beispiel Brasilien. „Bis zum Jahr 2035 wird es fast kein armes Land mehr auf der Welt geben“, sagt Bill Gates in seinem 16 Seiten langen Brief voraus. Fast alle Länder würden in ihrem Lebensstandard deutlich über den derzeit von der Weltbank genannten 35 ärmsten Ländern der Welt liegen, heißt es.

Um das zu erreichen, sieht das Ehepaar Gates die Entwicklungshilfe. Die Gates-Stiftung ist mit einem Kapital von 38,3 Milliarden Dollar die größte private Stiftung der Welt und gibt jedes Jahr Milliarden für Entwicklungsprojekte und Impfkampagnen aus. Hart ins Gericht gehen sie mit den Medien, die suggerieren, dass die Welt immer schlechter würde: „Zu behaupten, dass wir extreme Armut und Krankheiten nicht heilen können, ist nicht nur falsch, sondern schädlich.“

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