Anschlag auf BVB aus Habgier: 28-Jähriger festgenommen

Der beschädigte Mannschaftsbus des BVB.
Nach ersten Erkenntnissen soll Geldgier das Motiv für den Bombenanschlag gewesen sein. Festgenommener setzte auf fallende Kurs der BVB-Aktie.

Hinter dem Sprengstoffanschlag auf die Mannschaft des Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund steckt nach Erkenntnissen der Ermittler mutmaßlich ein Aktienspekulant. Die Polizei nahm am Freitag im Raum Tübingen einen 28-Jährigen fest, der auf einen durch die Tat ausgelösten Kursverlust der BVB-Papiere gesetzt haben soll, wie die Bundesanwaltschaft mitteilte.

Der Mann wollte mit den Börsen-Spekulationen viel Geld verdienen. Anhaltspunkte für mögliche Gehilfen und Mittäter bei dem Anschlag gebe es bisher nicht, sagte die Sprecherin der Bundesanwaltschaft, Frauke Köhler. Die Ermittlungsbehörde behalte diese Frage aber weiter im Blick.

Dem Verdächtigen Sergej W. wird versuchter Mord, Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion sowie gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Der Mann hat laut Bundesanwaltschaft die deutsche und die russische Staatsangehörigkeit. Er sollte am Nachmittag einem Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof vorgeführt werden. Dieser kann Haftbefehl erlassen. W. war seit Mitte 2016 als Elektriker in einem Tübinger Heizwerk tätig.

Anschlag auf BVB aus Habgier: 28-Jähriger festgenommen
ABD0060_20170421 - Ein Polizist telefoniert am 21.04.2017 in einer Straße in Rottenburg am Neckar (Baden-Württemberg. Nach der Festnahme im Fall des Sprengstoffanschlags auf den BVB-Mannschaftsbus dauert der Polizeieinsatz in Baden-Württemberg am Freitagvormittag an. Die Polizei sperrte ein Wohngebiet in Rottenburg am Neckar ab und durchsuchte ein Gebäude. Foto: Christoph Schmidt/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Wie viel Geld der Verdächtige im Fall des Anschlags auf den BVB-Mannschaftsbus maximal an der Börse hätte gewinnen können, ist noch nicht klar. Das werde derzeit noch berechnet, sagte Köhler. Der 28-Jährige habe drei verschiedene Derivate auf die Aktie von Borussia Dortmund erworben - die meisten davon am Tag des Angriffs selbst.

Unklar ist auch, wie viel Geld der Mann investiert hat. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft hat der Tatverdächtige für den Kauf der Derivate einen Verbraucherkredit in Höhe von mehreren zehntausend Euro aufgenommen. Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) erklärte: "Der Täter hat nach meinem jetzigen Stand 79.000 Euro investiert, um entsprechende Aktienoptionsscheine zu kaufen." Nach "Spiegel"-Informationen soll sich der 28-Jährige einen Verbraucherkredit über 40.000 Euro besorgt haben.

Anschlag auf BVB aus Habgier: 28-Jähriger festgenommen
Forensic experts of the police secure evidences at the site of an attack against the team bus of German first division Bundesliga club Borussia Dortmund close to the team hotel in Dortmund, western Germany, on April 12, 2017, one day after the attack. German police investigated a possible Islamist link to three explosions that rocked the Borussia Dortmund football team bus as the club vowed it won't give in to "terror". Dortmund's Spanish international Marc Bartra and a policeman were injured in the roadside blasts set off as the team headed to a Champions League game against Monaco on Tuesday night. / AFP PHOTO / Sascha Schuermann

Sicher ist aber: Je tiefer die Aktie des Fußballvereins gefallen wäre, desto höher wäre der Gewinn für den Verdächtigen ausgefallen. Der BVB war im Jahr 2000 als erster deutscher Sportverein an die Börse gegangen.

Der Kauf der Derivate wurde den Angaben zufolge über einen Online-Anschluss des Mannschaftshotels abgewickelt, in dem der Tatverdächtige bereits am 9. April - zwei Tage vor der Tat - ein Zimmer im Dachgeschoß bezogen habe - mit Blick auf den späteren Anschlagsort.

"Sicherheitsvorkehrungen noch mal dramatisch nach oben schrauben"

BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke zeigte sich befremdet über das mögliche Tatmotiv. "Dass man offensichtlich versucht hat, durch den Anschlag Kurs-Gewinne zu realisieren - das ist natürlich Wahnsinn", sagte er der Bild-Zeitung. "Wir werden jetzt im Rahmen unserer Möglichkeiten die Sicherheitsvorkehrungen noch mal dramatisch nach oben schrauben", fügte er an.

Herkunft und Art des beim Anschlag verwendeten Sprengstoffs sind den Angaben der Bundesanwaltschaft noch nicht ermittelt. Da bei der Explosion der gesamte Sprengstoff umgesetzt worden sei, seien die Untersuchungen "etwas komplexer und etwas aufwendiger", sagte Köhler. Die Kriminaltechniker müssten zum Beispiel Bodenproben untersuchen.

Am Dienstag vergangener Woche hatten vor dem Champions-League-Spiel der Dortmunder gegen den AS Monaco drei Sprengsätze nahe dem Mannschaftsbus gezündet. Die BVB-Spieler waren kurz zuvor mit ihrem Bus vom Mannschaftshotel zum Stadion losgefahren. Bei der Explosion wurde der Abwehrspieler Marc Bartra von Splittern getroffen und schwer verletzt. Ein Motorradpolizist erlitt ein Knalltrauma. Das Spiel war wegen des Anschlags um einen Tag verschoben worden.

Die Ermittler hatten zunächst versucht, Schlüsse aus drei gleichlautenden Bekennerschreiben zu ziehen, in denen ein radikal-islamistisches Motiv für den Anschlag behauptet wird. Die Schreiben waren am Tatort gefunden worden. Nach eingehender Prüfung hat die Bundesanwaltschaft an einem radikal-islamistischen Hintergrund aber erhebliche Zweifel. Auch ein rechtsextremistisches Bekennerschreiben weist nach Angaben der Behörde Widersprüche und Ungereimtheiten auf. Es deute derzeit nichts daraufhin, dass es vom Täter stamme.
Anschlag auf BVB aus Habgier: 28-Jähriger festgenommen
ABD0060_20170421 - Ein Polizist telefoniert am 21.04.2017 in einer Straße in Rottenburg am Neckar (Baden-Württemberg. Nach der Festnahme im Fall des Sprengstoffanschlags auf den BVB-Mannschaftsbus dauert der Polizeieinsatz in Baden-Württemberg am Freitagvormittag an. Die Polizei sperrte ein Wohngebiet in Rottenburg am Neckar ab und durchsuchte ein Gebäude. Foto: Christoph Schmidt/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) bezeichnete die Schreiben als "besonders perfide Art, mit der Angst der Bevölkerung zu spielen". Wenn sich der Verdacht der Ermittler bestätige, habe der Täter versucht, sich als Terrorist auszugeben, sagte er. Das zeige, dass es richtig sei, in alle Richtungen zu ermitteln.

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