Terror: Umdenken bei Waffenpässen

Symbolbild
Wegen der Gefährdungslage hält es das Gericht für wichtig, dass Polizisten in ihrer Freizeit bewaffnet sind.

Wegen der zunehmenden Terrorgefahr und Gewalttaten auf offener Straße sollen Polizeibeamte in ihrer Freizeit wieder Waffen tragen dürfen. Mit diesem richtungsweisenden Entscheid des Landesverwaltungsgerichts Wien erreicht der Streit um die Ausstellung von Waffenpässen an Polizeibeamte eine neue Dimension. Nachdem die Behörde in den vergangenen Jahren auch für Polizisten so gut wie keine Waffenpässe mehr bewilligt hat, gibt es nun eine überraschende Kehrtwende. Der Wiener Rechtsanwalt Raoul Wagner hat das Urteil sofort zum Anlass genommen und für weitere 58 Polizisten Anträge auf Ausstellung von Waffenpässen eingebracht.

Breite Ablehnung

Die restriktive Vergabe von Waffenpässen an Jäger, Justiz- und Polizeibeamte sorgt seit Monaten für Zündstoff. Nicht zuletzt wegen der geplanten Verschärfung der EU-Feuerwaffen-Richtlinie haben Österreichs Behörden in letzter Zeit beinahe jeden Antrag abgelehnt. "Während Polizisten im Dienst dazu verpflichtet sind, eine Waffe zu tragen, so traut man ihnen diese Sorgfalt in ihrer Freizeit nicht zu? Das ist absurd", sagt Raoul Wagner.

Der Fall eines top-ausgebildeten Beamten einer Spezialeinheit der Polizei sticht dabei besonders hervor. Der Mann war an der Festnahme von IS-Terrorverdächtigen beteiligt. Außerdem war er mit dem Schutz einer Person betraut, die von der Muslimbruderschaft mit dem Tod bedroht wurde. Obwohl der Name des Beamten nach einem Hackerangriff der Gruppe "Anonymus" im Internet veröffentlicht wurde, verweigerte die Landespolizeidirektion Wien dem Mann einen zu seinem privaten Schutz beantragten Waffenpass.

Wagner legte Beschwerde beim Verwaltungsgericht ein und bekam nun Recht. Der Richter bezog sich in seiner Begründung auf die herrschende Terrorgefahr. Aus "sicherheitspolitischen Aspekten" könne man sich nur wünschen, wenn Polizisten sich auch in ihrer Freizeit in Gefahrensituationen in Dienst stellen. Da sie sich in Lebensgefahr begeben, sollten sie dabei auch bewaffnet sein. "...was der allgemeinen Sicherheitslage in Österreich zuträglich wäre", so der Richter in seiner Urteilsbegründung.

Im Innenministerium hat man die Terroranschläge von Paris analysiert. Das Attentat in der Konzerthalle Bataclan wäre demnach vermutlich nicht so schlimm ausgefallen, wenn bewaffnete Polizeibeamte im Publikum gewesen wären. Die beiden anwesenden Polizisten waren aber privat unterwegs und unbewaffnet. Einer von ihnen stellte sich den Terroristen trotzdem in den Weg und wurde schwer verletzt.

"Ich kann einem Polizisten in so einer Situation nicht zumuten, völlig unbewaffnet einzuschreiten", sagt Wagner. Die Liste seiner – uniformierten – Mandanten wird immer länger, am Freitag waren es bereits 58. Gerade im Hinblick auf die steigende Terrorgefahr bei Großereignissen wie der Fußball-EM könne es kein Nachteil sein, wenn genügend Polizeikräfte im Publikum auch bewaffnet sind, so Wagner.

Erst vor wenigen Tagen hat der Staatsschutz in einem Schreiben alle Polizei-Dienststellen auf die erhöhte Gefahrenlage hingewiesen: IS-Sprecher Abu Mohammed Al-Adnani habe zu Anschlägen im Fastenmonat Ramadan in den USA und Europa aufgerufen.

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