Silvester im Zeichen der Sicherheit

Symbolbild
Tausende Polizisten sind zum Jahreswechsel in Österreich im Einsatz. Rund 600.000 Menschen werden in der Wiener City erwartet. Die Sicherheitsmaßnahmen wurden in ganz Europa erhöht.

„Prost“ rief die Herrenrunde und stieß mit Punschhäferl in Schweinchenform an. Nicht weit davon entfernt, in der Kärntner Straße, schwangen die ersten Feierwütigen am Samstag schon fleißig das Tanzbein. Mit Einbruch der Dunkelheit füllte sich der Silvesterpfad. Terrorangst? Kaum ein Thema. „Man verdrängt das“, sagte Martina aus Strasshof, die mit ihrem Mann zum fünften Mal den Silvesterpfad besuchte. „Man darf nicht nachgeben, das ist das, was die Terroristen wollen.“ Auch die 25-jährige Lisa, die sich mit Freunden schon den ersten Punsch gegönnt hatte, meinte: „Man bleibt daheim, wenn man Angst hat.“

Innenminister Wolfgang Sobotka besuchte schon vorab einige Feier-Locations, um sich selbst ein Bild der Lage zu verschaffen: "Wir haben ausreichend Polizisten bei den Silvesterfeiern im Einsatz. Aber es ist ein sensibles Thema. Wir müssen versuchen, die Bevölkerung nicht durch zu viele, schwer bewaffnete Polizisten zusätzlich zu verunsichern."

Silvester im Zeichen der Sicherheit
Silvesterpfad

Dieses Problem wurde beim Lokalaugenschein am Samstagnachmittag am Stephansplatz von einer Passantin angesprochen: "Ich war am 23. Dezember beim Gottesdienst im Stephansdom. In der Kirche gingen bewaffnete Polizisten auf und ab. Ich weiß natürlich, dass sie zum Schutz da sind, aber es ist trotzdem ein Bild, das einen nachdenken lässt", sagte Ursula Brunner-Troja. Sie und Freundin Jutta Schuller kamen am Silvestertag trotzdem auf dem belebten Stephansplatz. "Gerade jetzt muss man zeigen, dass man sich nicht einschüchtern lässt", erklärten die Frauen. Allerdings fielen die eingesetzten Beamten in der Menge diesmal kaum auf.

Gegenseitig helfen

Um das Sicherheitsgefühl bei den Besuchern des Silvesterpfades noch zusätzlich zu verstärken, verteilte die Polizei am Samstagvormittag auch Taschenalarme. Der extrem schrille, laute und hohe Alarmton wird ausgelöst, sobald der Benutzer an einer Schnur zieht. "Ich rufe die Bevölkerung auch dazu auf, achtsam zu sein. Wenn man einen Alarm hört, bemerkt, dass jemand Probleme hat oder einem ein verdächtiger Gegenstand auffällt, sollte man es sofort der Polizei melden. Es ist äußerst wichtig, sich gegenseitig zu helfen", sagt Innenminister Sobotka im KURIER-Gespräch.

Das Sicherheitskonzept am Wiener Silvesterpfad scheint jedenfalls gut durchdacht, alleine in der City werden 400 Beamte durch die feierwütige Menschenmenge patrouillierten. Gegenüber des Stephansdoms befindet sich gut sichtbar die Zentrale der Polizei in einem Container. Dort wurde der Einsatz koordiniert und die Besucher hatten eine Anlaufstelle, um sich bei Problemen direkt an die Polizisten wenden zu können. Rund 600.000 Menschen werden in der Innenstadt erwartet und auch abseits des Silvesterpfades hatten sich die Einsatzkräfte für die Nacht gerüstet.

Silvester im Zeichen der Sicherheit
Silvesterpfad

Störendes Feuerwerk

Der häufigste Einsatzgrund für die Polizei sind in der Silvesternacht traditionell Beschwerden wegen "Lärm" und "Knall". Denn obwohl im Stadtgebiet Raketen oder Böller verboten sind, lassen es sich einige nicht nehmen, das Jahr lautstark zu beenden. Beim Jahreswechsel 2015/’16 musste allein die Wiener Polizei insgesamt 452-mal wegen störender Pyrotechnik ausrücken.

Barrikaden und Fahrverbote in der Londoner Innenstadt sollen verhindern, dass sich Anschläge mit Lastwagen wie in Nizza oder Berlin wiederholen, teilte Scotland Yard mit. Ein Polizeisprecher betonte aber, es handle sich dabei nur um vorsorgliche Sicherheitsmaßnahmen. Man habe "keine konkreten Hinweise" auf Anschlagspläne in London. Wie im vergangenen Jahr sollen rund 3.000 Polizisten im Zentrum für Sicherheit sorgen.

Hunderttausende Menschen werden am letzten Tag des Jahres in Londons Innenstadt erwartet. Pünktlich zum Glockenschlag des Big Ben um Mitternacht wollen sie mit einem spektakulären Feuerwerk am Riesenrad "London Eye" den Start ins neue Jahr feiern. Nur wer ein Ticket hat, darf in den abgesperrten Zuschauerbereich am Themseufer hinein.

Paris: Betonblöcke gegen LKWs

In Paris wurden Samstagnacht mehrere Hunderttausend Menschen auf dem Prachtboulevard Champs-Elysees erwartet. Nachdem der Jahreswechsel dort im vergangenen Jahr - nur wenige Wochen nach den Terroranschlägen vom 13. November - in etwas gedämpfter Atmosphäre begangen wurde, ist in diesem Jahr neben einer Lichtinstallation auch ein kleines Feuerwerk geplant. Es wird vom Dach des Triumphbogens am Ende der Champs-Elysees abgeschossen. Privatleuten ist das Abschießen von Feuerwerk zu Silvester stets verboten.

Auch in der französischen Hauptstadt steht das Fest unter strengen Sicherheitsvorkehrungen, so sollen Betonblöcke die feiernden Massen auf den Champs-Elysees vor einem Anschlag schützen. Im ganzen Land sind am Jahreswechsel-Wochenende mehr als 96.000 Sicherheitskräfte im Einsatz.

Madrid: Schwerfahrzeuge im Einsatz

Aus Sorge vor einem Terroranschlag hat Madrid für die traditionelle Silvesterparty sowie für andere Großveranstaltungen der nächsten Tage besondere Sicherheitsvorkehrungen angekündigt. Man werde zu Silvester auf dem Platz an der Puerta del Sol unter anderem Schwerfahrzeuge und Absperrpfosten aufstellen, sagte am Dienstag die Präfektin der spanischen Hauptstadt, Concepción Dancausa. Ähnliche Maßnahmen seien auch für den Silvesterlauf am 31. Dezember sowie für die Parade der Heiligen Drei Könige am 5. Januar geplant.

Bei diesen Veranstaltungen versammeln sich jedes Jahr jeweils Zehntausende in Madrid. Dancausa sagte, es werde unter anderem auch deutlich mehr Polizeipräsenz als in den vergangenen Jahren geben. Es liege zwar keine konkrete Bedrohung vor, man wolle aber alles tun, um Anschläge wie die von Berlin und Nizza zu vermeiden, hieß es.

„Absolute Sicherheit kann man natürlich nicht versprechen, aber unsere Sicherheitskräfte ruhen nicht, um uns alle zu beschützen“, erklärte die für die Sicherheit in der Hauptstadt zuständige Vertreterin des Innenministeriums vor Journalisten.
Nach verschiedenen Anschlägen hatte Spanien im Juni 2015 den Terroralarm auf die zweithöchste Stufe 4 angehoben. Für „kritische Infrastrukturen“ wie Flughäfen und Bahnhöfe, Atomanlagen und Botschaften gelten seitdem bereits verschärfte Sicherheitsmaßnahmen. Seit dem Sommer

Köln: "Domplatte sicher"

Kölns Polizeipräsident Jürgen Mathies hat für die Silvesternacht ein Sicherheitsversprechen für die Feiern in der Innenstadt abgegeben. „Ich verspreche Ihnen, dass Sie sich dort am Dom außerordentlich sicher fühlen können“, sagte Mathies dem Kölner Stadt-Anzeiger. Dies sei sein oberstes Interesse, dem diene „die Präsenz-Offensive der Kölner Polizei“. Zum Jahreswechsel werden laut Behörde 1500 Beamte im Einsatz sein, 300 von ihnen als Dreier-Streifen. Zusätzlich hält die Bundespolizei demnach eine Einheit bereit, die Verdächtige per Hubschrauber verfolgen kann. Mathies hatte im Januar das Amt von Wolfgang Albers übernommen.

Spezialkräfte werden dem Innenministerium zufolge vor allem in Rom und Mailand eingesetzt. Soldaten bewachen in den italienischen Städten sensible Einrichtungen wie Flughäfen, Bahnhöfe, U-Bahn-Stationen und Botschaften. Auch rund um den Vatikan sind die Sicherheitsvorkehrungen streng wie noch nie. Gepanzerte Autos stationieren vor dem Kolosseum in Rom.

In Mailand wurden Barrieren aufgestellt, um zu verhindern, dass größere Lkw sich Fußgängerzonen mit starkem Touristenzustrom nähern können. Kampfjets der italienischen Luftwaffe sollen die Metropolen vor Anschlägen schützen. Auch bewaffnete Hubschrauber sollen gegen Drohnen oder Flugzeuge mit feindlichen Absichten eingesetzt werden.

Zugleich wurden strenge Maßnahmen zum Schutz der Sicherheitskräfte ergriffen. Befürchtet werden Racheaktionen, nachdem ein italienischer Polizist in Sesto San Giovanni bei Mailand den mutmaßlichen Berlin-Attentäter Anis Amri erschossen hatte, berichteten italienische Medien. Italien hat seit Jahresbeginn aus Sicherheitsgründen 62 Islamisten abgeschoben. Seit Jänner 2015 sind es 128.

Die Wiener Polizei hat am frühen Samstagnachmittag am Silvesterpfad Taschenalarme verteilt. Der Andrang um 13.00 Uhr am Stephansplatz war groß, vor allem Frauen hofften, sich damit vor etwaigen Übergriffen schützen zu können. Die Aktion ist Teil der Präventionsarbeit gegen Gewalt an Frauen und soll auch das subjektive Sicherheitsgefühl erhöhen.

Taschenalarme seien "das geeignetste Mittel, wenn sich jemand schützen will", sagte ein Sprecher gegenüber der APA. Deswegen empfehle man die Geräte auch nicht nur anlassbezogen, sondern generell. Im Zuge der Verteilung erklärten Polizisten die Handhabung der Alarme und das richtige Verhalten in Notsituationen. Die Geräte produzieren ein 110 Dezibel lautes Signal, das Täter abschrecken und die Umgebung aufmerksam machen soll.

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