Ratlosigkeit in der Rettungsgasse

Megastau, A2, Südautobahn, Montagmorgen
Polizei-Chef: „Ausländer freuen sich über freie Spur“. Bures sieht Lenker gefordert.

Die Österreicher sind noch nicht bereit für die Rettungsgasse und die Ausländer freuen sich über eine freie Spur“, berichtet Brigadier Karl Wammerl von der Wiener Polizei.

Ratlosigkeit in der Rettungsgasse
Verkehrspolizei, Polizei
„Wenn es einen Unfall gibt, dann müssen wir dorthin und haben keine Zeit für Strafen.“

„80 Prozent der Lenker haben keine Kenntnis von der Rettungsgasse, das ist erschreckend“, betont auch Oberst Binder von der Verkehrsabteilung in Wien.

15 Monate nach der Einführung sorgt die seit Beginn heftig umstrittene Rettungsgasse noch immer für chaotische Zustände auf den Autobahnen. Bei dem Serienunfall mit 100 Fahrzeugen auf der Westautobahn mussten sich die Feuerwehrmänner in dieser Woche mit 50 Kilo schweren Geräten zu Fuß vorwärts kämpfen, weil keine Gasse freigemacht wurde.

Ratlosigkeit in der Rettungsgasse
Rettungsgasse
Bei einem schweren Unfall mit zwei Toten vor einigen Wochen standen die Fahrzeuge sogar in Fünferreihen bis zum Pannenstreifen. Die Feuerwehr musste umdrehen, zurückfahren, zu einer Raststation rasen und dann als Geisterfahrer zurück zum Einsatzort vordringen. Auch am Donnerstag gab es bei einem Unfall auf der Südautobahn erneut keine Rettungsgasse.

„Endgültig gescheitert“

„Die Rettungsgasse ist in Österreich endgültig gescheitert“, meint Stefan Markowitz vom Team Stronach. Auch Grüne und FPÖ sind sehr skeptisch bezüglich dieser Maßnahme.

Aus dem Büro von Verkehrsministerin Doris Bures hieß es gestern nur: „Es ist nicht so, dass die Rettungsgasse nicht funktioniert, sondern die Autofahrer bilden sie nicht.“

Wie oft sie tatsächlich gebildet wird, darüber gehen die Meinungen auseinander. Nach Schilderungen von Einsatzfahrern scheint es im Großraum Wien und im mehrspurigen Bereich kaum bis gar nicht zu funktionieren, im zweispurigen Bereich mehrheitlich doch. Nur in Oberösterreich ist die Autobahn teilweise zu eng, dass überhaupt nichts weitergeht, auch bei zwei Spuren.

Bis Herbst läuft eine Evaluierung. Laut einem Zwischenbericht, der dem KURIER vorliegt, funktionieren gerade einmal 38,7 Prozent aller Rettungsgassen.

„Nach einem Jahr und drei Monaten sind Schwachstellen aufgetreten“, sagt ARBÖ-Generalsekretärin Lydia Ninz. „Man muss sich nun in Ruhe anschauen, wo es hakt. Zwischen drei- und vierspurig klappt es jedenfalls derzeit nicht.“

Die von Asfinag und Bures versprochenen vier Minuten Zeitersparnis für die Zufahrt zu den Einsatzorten ist jedenfalls in weite Ferne gerückt. Eine Untersuchung von Notruf 144 in Niederösterreich ergab, dass es praktisch keine Verbesserung gab. Die genauen Zahlen werden unter Verschluss gehalten.

Ratlosigkeit in der Rettungsgasse
Fahrafellner im Einsatz
Niederösterreichs neuer Landesfeuerwehrkommandant Dietmar Fahrafellner fordert bewusstseinsbildende Maßnahmen: „Informieren und aufklären kann man nie genug.“ Wenn der Vorschlag kommen sollte, würde Fahrafellner selbstverständlich an einem „Runden Tisch“ teilnehmen, um über weitere Verbesserungsmaßnahmen zu diskutieren.

Großer Verlierer dürften auch die Nachbarländer sein. In Südtirol rief das Rote Kreuz vor zwei Wochen zu einem Krisengipfel. Das Thema: Die österreichischen Autofahrer bilden auf italienischen Autobahnen eine Rettungsgasse, die anderen Lenker hingegen nicht. Auf den Hauptverkehrsrouten kommt es deshalb zu brenzligen Situationen mit ausscherenden Fahrzeugen.

Die Mehrheit der Österreicher ist gegen die Rettungsgasse, rund drei Viertel sprechen sich in einer KURIER-Umfrage gegen die umstrittene Maßnahme aus. Bereits im vergangenen Jahr ergab eine ähnliche Abstimmung ein identes Ergebnis.

Trotz des starken Widerstandes formieren sich auf Facebook nur vereinzelt die Gegner. Unter „Schildbürgerstreich Rettungsgasse?“, „Leben retten: Rettungsgasse abschaffen!“ oder „Weg mit der Rettungsgasse“ sind jeweils ein paar Österreicher aktiv. Unter „RettungsgasseIgnorierer erwischt!“ führt ein User einen kleinen Privatkrieg gegen die Sünder. Hier werden Motorradfahrer und Autolenker fotografiert und gepostet, wenn sie die Rettungsgasse missachten.

Kurios ist, dass es nur eine Gruppe gibt, die für die Rettungsgasse auf Facebook wirbt. Die hat allerdings ein ehemaliger Pressesprecher von Hubert Gorbach gegründet, der eine Webseite gegen die Rettungsgasse betreibt.

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