Zahl der Waffenbesitzer steigt weiter

Mit Abstand die meisten Waffen und Waffenbesitzer gibt es in NÖ.
17.474 Österreicher haben sich heuer eine Waffe zugelegt – meist aus sportlichen Gründen.

Die Österreicher bewaffnen sich. Ihr Motiv: Nicht mehr vorrangig die Angst. Die spielte noch im vergangenen Herbst die größte Rolle für den Waffenboom. Der große Ansturm ist zwar vorbei, doch die Statistik zeigt weiterhin deutlich nach oben. Mit Stand 1. August gab es in Österreich 283.569 Waffenbesitzer und 961.342 registrierte Waffen. Im heurigen Jahr gibt es somit 17.474 Waffenbesitzer und 39.063 Schusswaffen mehr.

"Die meisten geben derzeit an, sich eine Waffe fürs Sportschießen anschaffen zu wollen", sagt Psychologe Christian Huber. Er ist einer jener Psychologen, die das obligatorische Gutachten für den Erhalt einer Waffenbesitzkarte oder eines Waffenpasses anbieten. Erst an zweiter Stelle werde das Schutzbedürfnis als Motiv genannt.

Zahl der Waffenbesitzer steigt weiter
Psychologe Christian Huber

Gut gebucht

Schießen als Hobby – das ist tatsächlich im Steigen begriffen. Das Schießkino bei Springer’s Erben etwa ist gut gebucht. "Die Leute trainieren mehr. Und sie nehmen auch verstärkt unsere Kurse in Anspruch", bestätigt Alexander Skoff vom traditionsreichen Wiener Waffenhersteller und -händler. Anfänger und geübte Schützen buchen Einzeltrainings oder Kurse im Sportschießen.

Die Sportschützen-Vereine selbst merken von diesem Trend allerdings nur wenig. Bei den 22 Wiener Vereinen sind insgesamt nur rund 1300 Mitglieder gemeldet. Das hat gute Gründe: "Für unsere Mitglieder gibt es strenge Regeln. Sie müssen ein Jahr warten, bis sie aufgenommen werden. Da sind wir sehr vorsichtig", sagt Horst Judtmann, Präsident des Sportschützen-Landesverbandes. Alles hänge vom Vertrauen ab – und auch von der Bereitschaft zum Engagement: "Unsere Mitglieder müssen einen Kampfrichter-Kurs machen." Diese Hürden nehmen viele nicht auf sich – und kommen einfach als Gastschützen ohne Verpflichtungen.

Zahl der Waffenbesitzer steigt weiter
Ebenfalls wesentlich für die Zunahme der Waffenbesitzer: Die Jagd wird gesellschaftlich immer populärer. "Es gibt Zuwachsraten von zehn Prozent Jungjägern jährlich. Auch viele Frauen beginnen damit", sagt Waffenhändler Skoff.

Und dann gibt es noch einen ganz banalen, verwaltungstechnischen Grund, warum die Zahl der Waffenbesitzer heuer so stark zugenommen hat: Als im Herbst des vergangenen Jahres ungewöhnlich viele Österreicher eine Waffenbesitzkarte oder einen Waffenpass beantragten, kam es zum Rückstau bei den Behörden. "Aktuell hat sich die Nachfrage wieder eingependelt – auf hohem Niveau", sagt Psychologe Huber.

Schwere Entscheidung

Mit dem Kauf der ersten Waffe lassen sich viele Zeit. "Der Grundkurs, also der Waffenführerschein (obligatorisch für die Waffenbesitzkarte, Anm.), ist nur der erste Zugang zur Waffe. Aber da wissen viele noch gar nicht, welche sie wollen und probieren erst einmal aus", schildert Skoff.

Nicht alle kaufen sich dann tatsächlich eine Faustfeuerwaffe. Geht es in erster Linie um das Sicherheitsgefühl, ist speziell Frauen der Griff zum vergleichsweise harmlosen Pfefferspray letztendlich oftmals sympathischer.

Übrigens: Mit Abstand die meisten Waffen und Waffenbesitzer gibt es in Niederösterreich. 73.601 Personen sind hier als Besitzer von 267.242 Waffen registriert.

Zahl der Waffenbesitzer steigt weiter

Der Herr in der kurzen Hose legt mit seiner Pistole vor. Ein Schuss fällt nach dem anderen. Gezielt. Er kontrolliert das Ergebnis, wirkt zufrieden. „Schaut nach Militär aus“, urteilt Stephan Zillner, der leitende Schießtrainer bei Johann Springer’s Erben. „Das merkt man an der Körperhaltung.“
Finger weg Im Schießkino in Wien-Josefstadt liegt der Geruch des Schießpulvers vom Vorgänger noch in der Luft, als es ernst wird. Die Worte von der vorangegangenen theoretischen Einschulung hallen noch nach. „Die Waffe immer als geladen betrachten! Finger weg vom Abzug! Immer vom Ladezustand überzeugen, die Waffe in eine sichere Richtung und in der Schusshand halten!“ Nachsatz von Schießtrainer Zillner: „Sonst kann ich böse werden.“ Braucht er nicht.

Zahl der Waffenbesitzer steigt weiter
Dann reicht er einen Gehörschutz und eine Schutzbrille. Eine Pistole und ein Revolver liegen auf dem Tisch. Letzteren kannte ich bisher nur aus Wild-West-Filmen. Der Aha-Moment kommt rasch – der Revolver ist schwerer als angenommen. „Und jetzt laden“, fordert Zillner auf. Mein Adrenalin-Pegel steigt.

Die Zielscheibe ist etwa zehn Meter entfernt, ich hebe die Waffe. Der Schießtrainer bremst mich ein, noch bevor es losgeht. „An die richtige Position denken“, erinnert er. Breiter Stand, rechtes Bein nach hinten versetzt, ein leichter Katzenbuckel, die Daumen direkt übereinander und die ausgestreckten Arme eine Spur höher, als es für mich angenehm wäre.

Der erste Schuss fällt zögerlich, der erwartete Rückstoß beim Revolver ist weniger stark als erwartet. Die Scheu lässt nach, die nächsten Schüsse fallen schneller.

Ein kurzes Durchatmen. Dann der Griff zur Pistole. Der verhältnismäßig starke Rückstoß kommt überraschend, die Patronenhülse fliegt schräg nach hinten. Ein verwunderter Blick zum Trainer. „Sie müssen sie fester halten. Fest. Aber nicht zu fest.“

Schulterklopfer

Zillner Güte begutachtet die Treffer. Bis dahin hat er sich nicht dazu geäußert. Ein Zehner ist dabei, das Schlechteste ist ein Sechser. „Kann man lassen“, kommentiert er. Ich klopfe mir gedanklich selbst auf die Schulter. Sonst macht es ja keiner.

Die nächsten Schützen sind bereits eingetroffen. Werner und Maria Woschnak sind „alte Hasen“. Werner Woschnak absolvierte die Waffentechnik-HTL im Kärntner Ferlach. „Ich hab die Waffen schon selbst konstruiert“, erzählt er. Vor 40 Jahren hat er seine Frau kennengelernt. Seither schießt auch sie mit der Pistole. „Als Hobby“, betont das Paar. „Sie schießt ein bisserl besser als ich“, lacht Herr Woschnak. Nur ein Hobby? „Natürlich gibt das auch Sicherheit.“

Sicher fühle ich mich nach meiner ersten Trainingsstunde nicht. Dennoch: Nach rund drei Stunden Theorie und Praxis bin ich Besitzer eines Waffenführerscheins – und damit theoretisch nur noch ein psychologisches Gutachten und eine behördliche Bewilligung von einer Waffe entfernt.

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