Zahl der Autobahn-Drängler steigt rasant

Der Beweis: Lebensgefährlich knapp am Vordermann
Drei Tote, 439 Verletzte allein im Vorjahr. Jeder zweite Autofahrer fühlt sich von Dränglern bedroht.

Sie brettern in normalem Tempo auf der Autobahn dahin. Plötzlich taucht im Rückspiegel, gefühlte zwei Meter hinter ihnen, ein Auto auf und blinkt wild mit der Lichthupe. Eine Szene wie diese ist sicher jedem auf der Autobahn schon einmal passiert. Jeder fünfte Unfall auf Autobahnen und Schnellstraßen ist auf zu dichtes Auffahren zurückzuführen. Drei Menschen sind im Vorjahr dabei gestorben, 439 wurden verletzt. Laut einer Umfrage der Asfinag, die am Mittwoch präsentiert wurde, fühlt sich jeder zweite Autofahrer von Dränglern stark bedroht (siehe Grafik unten). Acht von zehn Lenkern haben bereits negative Erfahrungen gemacht.

„Drängeln ist gefährlich und nicht zuletzt auch tödlich“, sagte Asfinag-Vorstand Alois Schedl. 500 Autobahnnutzer wurden im Oktober 2013 vom IFES-Institut zu Drängeln auf Autobahnen befragt. „Das Ergebnis ist eindeutig: 60 Prozent fühlen sich von Dränglern abgelenkt“, sagt Schedl. Lenker, die von hinten bedroht werden, werden nervös, können sich nicht mehr auf den übrigen Verkehr konzentrieren, fahren schneller als gewollt. Mehr als ein Drittel der Autobahnnutzer ist dadurch schon in eine gefährliche Situation geraten. Im Schnitt blickten die Befragen auf sieben Drängel-Vorfälle innerhalb des vergangenen Halbjahres zurück.

Anzeigen steigen sprunghaft

Zahl der Autobahn-Drängler steigt rasant
Abstandsmessung der Polizei auf Burgenlands Autobahnen
Die Anzeigen wegen zu geringem Sicherheitsabstand sind in den vergangenen Jahren sprunghaft angestiegen. „Zwischen 2005 und 2012 stieg die Zahl der Übertretungen um 61 Prozent“, sagte Gottfried Macher vom Landespolizeikommando Niederösterreich. Im Vorjahr wurden 54.779 Anzeigen erstattet. Die Polizei überwacht derzeit mit 48 mobilen Abstandsmessgeräten den Sicherheitsabstand, in den vergangen drei Jahren kamen elf stationäre Geräte dazu.

Jung und männlich

Fast doppelt so viele Männer (41 Prozent) wie Frauen (21 Prozent) gaben in der Umfrage an, schon einmal gedrängelt zu haben. Bei jungen Männern bis 34 Jahren gab sogar jeder zweite zu, manchmal zu dicht aufzufahren (siehe Grafik). „Der typische Drängler ist männlich, jung und rasant unterwegs“, sagte Schedl.

„Das Risiko wird von uns Autofahrern unterschätzt“, sagte Othmar Thann, Direktor des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV). „Typische Drängler glauben, mit ihrer Fahrerfahrung das erhöhte Risiko eines geringen Abstandes kompensieren zu können“. Doch „der ideale Sicherheitsabstand bei 100 km/h beträgt 60 Meter oder die Zwei-Sekunden-Regelung“, so Thann. Hierbei wird ein Punkt am Fahrbahnrand fixiert, sobald das vorausfahrende Auto diesen passiert, wird zu zählen begonnen (21, 22). Erst dann darf man selbst den angepeilten Punkt erreichen.

Raue Sitten

Auch der „Umgangston auf Autobahnen" sei manchmal sehr rau, sagte Schedl. Sieben von zehn Befragten gaben an, selbst bereits jemanden angehupt bzw. angeblinkt zu haben, drei von zehn haben anderen Verkehrsteilnehmern mit Handzeichen und Gesten gedroht. Ein Viertel missachtet das Rechtsfahrgebot auf Autobahnen und Schnellstraßen. Thann erinnerte daran, dass dies auch auf Stadtautobahnen wie beispielsweise der Wiener Südost-Tangente (A23) gilt. Fährt ein anderes Fahrzeug zu dicht auf, dann gilt: „Ruhe bewahren und sich rechts halten“, erklärte Thann.

Zahl der Autobahn-Drängler steigt rasant
Die Asfinag hat im Dezember eine bewusstseinsbildenende Kampagne unter dem Namen „Drängeln tötet“ gestartet, um verstärkt auf das Thema aufmerksam zu machen. Die Kosten dafür betragen 525.000 Euro. In einigen Tunnelanlagen, wie beispielsweise auf der Südautobahn (A2) in Kärnten, gibt es Warnsysteme, die auf einen zu geringen Sicherheitsabstand hinweisen.

n=500, Angaben in Prozent

Jeder fünfte Unfall auf Autobahnen und Schnellstraßen ist auf zu dichtes Auffahren zurückzuführen. Bei einer Umfrage der Asfinag sprach sich die Hälfte der Befragten für höhere Strafen für Drängler aus. Der Rahmen bei zu geringem Sicherheitsabstand reicht von Verwaltungsstrafen, über Vormerkungen bis hin zur Führerscheinabnahme.

Bei 100 Kilometern pro Stunde muss der Sicherheitsabstand zwei Sekunden oder umgerechnet 60 Meter betragen. Für einen Sicherheitsabstand zwischen 0,4 und 0,6 Sekunden (14 bis 21 Meter bei 130 km/h) droht eine Verwaltungsstrafe

Fährt man noch knapper auf und hält zum Vordermann lediglich sieben bis 14 Meter Abstand bei 130 km/h, also 0,2 bis 0,4 Sekunden, ist eine Mindeststrafe von 72 Euro fällig. Dazu gibt es eine Vormerkung.

Aggressive Drängler, die nicht einmal 0,2 Sekunden (bis sieben Meter) einhalten, sind ihren Führerschein für mindestens sechs Monate los. Zusätzlich drohen Verwaltungsstrafen bis 2.1880 Euro und eine Gerichtsstrafe wegen Nötigung.

Kommentare