Wirte drohen Republik mit Klage
Der Republik Österreich droht – noch vor den Nationalratswahlen am 29. September – eine Amtshaftungsklage. Eingebracht von der Bundeswirtschaftskammer, Sektion Gastronomie. „Unsere Anwälte prüfen den Sachverhalt. Ich erwarte mir bereits diese Woche konkrete Ergebnisse“, trommelt WK-Gastro-Chef Helmut Hinterleitner.
Der Grund für diese Eskalation liegt im seit 2009 gültigen Tabakgesetz. Denn ein vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH) im Juli ergangenes Urteil vernichtet alle baulichen Bemühungen Tausender Wirte, den Nichtraucherschutz zu gewährleisten. Ab sofort müssen alle Nichtraucher-Bereiche und Toiletten für Nichtraucher erreichbar sein, ohne durch den Raucherbereich gehen zu müssen. Ergebnis: In Hunderten Fällen müssten zusätzliche Zu- und Eingänge durch die Mauern der Lokale gestemmt werden. Die zweite Variante: Das Gasthaus wird zum generellen Nichtraucherlokal.
Für Gesundheitsminister Alois Stöger bedeutet dieses VwGH-Erkenntnis den – ein halbes Jahrzehnt lang – ersehnten Durchbruch. Denn Tausende Wirte resignieren bereits und überlegen unter dem aufgebauten Druck, zum Nichtraucherlokal zu werden. Anstatt jetzt bundesweite Kontrollen anzuordnen, bleibt Stöger 40 Tage vor den Nationalratswahlen in der bevorzugten Defensive. Lapidare Reaktion: „Das Erkenntnis des obersten Gerichtes ist durchaus im Sinne des Tabak-Gesetzes. Die Länder sind für Kontrollen zuständig und wurden über die Rechtslage informiert.“ Sollte die Republik – über die Klage der Wirtschaftskammer – in die Schadenersatzpflicht genommen werden, müsste der Steuerzahler aufkommen. Fix ist weiters, dass es keine Übergangsfristen für die geforderten baulichen Maßnahmen geben wird.
15.000 Wirte betroffen
Hinterleitner lässt Dampf ab: „Die Gastronomie investierte in den vergangenen fünf Jahren unglaubliche 96 Millionen Euro in Trennwände und andere Maßnahmen. Jetzt soll dieses Investment umsonst sein? Betroffen davon sind 15.000 heimische Betriebe. Wo bleibt da die Rechtssicherheit? Das Gesetz muss evaluiert werden. Geben uns die Anwälte grünes Licht, klagen wir noch vor den Wahlen.“
Konfrontationen
Das Beispiel des Wiener Szene-Wirten Stefan Gergely zeigt die Stimmung unter den Gastronomen, die sich weigern, freiwillig rauchfrei zu werden: „Mich kostete der Nichtraucherschutz in drei Betrieben im Schlossquadrat 50.000 Euro. Ich werde baulich nichts mehr ändern und freue mich schon auf die Konfrontation.“ Der Zankapfel Tabakgesetz bleibt der kommenden Regierung somit erhalten.
Österreichs erster Rauch-Sheriff, der Tiroler Robert Rockenbauer, fordert naturgemäß eine sofortige Kontroll-Offensive bei den heimischen Wirten: „Es darf keine Schonfrist geben.“
Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes spaltet jetzt die Politik. Wirtschaftsminister Mitterlehner erklärte, die Wirte bräuchten Vertrauensschutz und Rechtssicherheit. Deswegen solle alles so bleiben, wie es ist. Vizekanzler Michael Spindelegger sieht ebenfalls keinen Handlungsbedarf. Jetzt sei nicht der Anlass, „wieder alles über Bord zu werfen. Das Urteil des Verwaltungsgerichtes wird analysiert.“ Die FPÖ sprach sich gegen ein Rauchverbot aus, die Grünen pochen auf eine rauchfreie Gastronomie. Für BZÖ-Chef Bucher ist das Gesetz eine „Husch-Pfusch-Regelung“. Er fordert eine Volksbefragung zum Thema. Und das Team Stronach ortet „Wahlkampfpolemik“.
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