Winterspiele, der dritte Versuch

Graz und Schladming wollen sich im Eilzugstempo für 2026 bewerben. Volksbefragung gibt es keine.

"Wir werden grüne Spiele anbieten, das ist die Hauptsache. Keine riesigen neuen Projekte und unsinnige Investitionen sind gefragt."

Steiermark, 2018? Mitnichten. Sondern Graz, 1994. Das derzeitige Schlagwort "grüner Winterspiele" ist nicht neu: Es wurde bereits vor 24 Jahren geprägt, als sich die Steiermark um Olympische Winterspiele anstellte. Der damalige ÖVP-Sportlandesrat Gerhard Hirschmann war so Feuer und Flamme für das Spektakel, dass er die Steiermark gleich zwei Mal ins Rennen schicken wollte, für 2002 und 2006.

Daraus ist bekanntlich nichts geworden, aber eine Fackel lässt sich mehrmals entfachen. Nach der Absage Tirols wegen des Neins bei der Volksabstimmung erwärmen sich zwei steirische ÖVP-Bürgermeister zusehends für die Idee, die Winterspiele 2026 zu holen: Siegfried Nagl, Stadtchef von Graz, und Jürgen Winter, Bürgermeister von Schladming, nutzten den Nachtslalom am Dienstag, um den über Weihnachten ausgeheckten Plan publik zu machen. Graz soll als "Host City" die Gastgeberstadt mit Medienzentrum und Schlussfeier sein, auch Eiskunstläufe sollen hier stattfinden. Schladming bekäme die Eröffnungsfeier sowie die alpinen Bewerbe.

Nur nicht blamieren

"Wir müssen jetzt schnell sein, um noch dabei zu sein", legt Nagl Tempo vor: Bis 31. März muss das Internationale Olympische Komitee die Bewerbung in der Post haben. Es wirkt, es käme den Befürwortern des Plans der Zeitdruck gar nicht ungelegen: Eine Volksbefragung vor dem Bewerbungs-Stichtag gehe sich nicht mehr aus, sagt Nagl. Danach sei sie dann eher unsportlich: Gibt es ein "Nein" wie in Innsbruck, müsse man die Bewerbung zurückziehen. "Das wäre blamabel", glaubt Nagl.

Blamieren wollen sich Politiker natürlich nicht. Vielleicht gehen vorerst deshalb nur wenige Befürworter offiziell aus der Deckung. Er wolle keine "falschen Versprechungen" machen, bleibt Nagls Parteifreund, Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, vage. SPÖ-Finanzreferent Anton Lang ist zwiegespalten, immerhin ist er auch Sportlandesrat. "Aber als Finanzlandesrat muss ich sagen, momentan haben wir wenig Spielraum im Landesbudget."

"Grüne Spiele

Da trifft es sich, dass den Bürgermeistern Nagl und Winter ohnedies Olympische Spiele "ohne Großmannsucht" vorschweben: Bestehende Sportanlagen nützen, nichts bauen lassen, ohne dafür eine Nachnutzung parat zu haben. "Grüne Winterspiele" eben, siehe 1994. Damals waren die Bewerbungsunterlagen übrigens 546 Seiten dick und drei Kilogramm schwer. Heftig waren auch die Debatten im Landtag: "Wollt ihr Krankenschwestern oder Olympia-Hostessen?", ätzte die SPÖ damals, die sich mit "Brot und Spielen" so gar nicht anfreunden mochte.

Heftig könnten die Debatten auch bei der Landtagssitzung am 6. Februar werden, denn die KPÖ will in einer Anfrage an SPÖ-Landesrat Lang wissen, ob sich "die Steiermark Winterspiele leisten kann". Die Kommunisten im Grazer Rathaus haben sich ebenso wie die SPÖ-Graz bereits festgelegt sie fordern eine Volksbefragung zum Thema. Allerdings hat Schwarz-Blau in Graz die Mehrheit, das reicht für das Abschicken der offiziellen Unterlagen.

Für die Bewerbung reichte es auch 1994. Aber es war nicht genug, um auf die IOC-Liste der möglichen Kandidaten zu kommen. Ein Detail fehlte dem Gremium damals - es wurde keine Volksbefragung durchgeführt.

Wie viel kostet es, Olympische Spiele durchzuführen? Und wer bezahlt?

Das sind die Fragen, die jetzt nicht nur steirischen Politiker gestellt werden, sondern vor Kurzem auch ihre Tiroler Kollegen beantwortet haben. Eine um 300.000 Euro erstellte Machbarkeitsstudie vor der (geplatzten) Tiroler Bewerbung für die Winterspiele 2026 hat das sogenannte Durchführungsbudget mit 1,2 Milliarden Euro beziffert. Der Beitrag des Internationalen Olympschen Komitees (IOC) wurde darin mit 525 Millionen Euro veranschlagt; Eintrittsgelder, Lizenzen, Sponsoren und Vermarktung sollte den Rest bringen all dies sind also die Einnahmen. Laut der Studie seien die Ausgaben gleich hoch, ein Nullsummenspiel, zumindest auf dem Papier.

Penible Trennung

Diese Kalkulation setzt allerdings voraus, dass keine neuen Infrastruktur errichtet werden muss, Sportstätten oder Verkehrsanlagen. Exakt das sind die Kosten, die es für ein austragendes (Bundes-) Land teuer machen können.

Der IOC achtet nämlich penibel darauf, dass ein Trennstrich zwischen den Arten von Ausgaben gezogen wird: Jenen, die mit der direkten Durchführung der Spiele zu tun haben und solchen, die zur Stadtentwicklung gerechnet werden können. Damit soll verhindert werden, dass Geld aus dem IOC-Budget in einen Bereich fließt, der von der öffentlichen Hand des Staates zu tragen ist.

Eine Studie von Wissenschaftern der Universität Oxford gibt Skeptikern Aufwind. Sie berechneten, dass Olympische Spiele durchschnittlich um 179 Prozent mehr kosten als geplant. Die Spiele in Innsbruck 1976 sollen übrigens umgerechnet 36 Millionen Euro gekostet haben die Spiele im russischen Sotschi 2014 angeblich 40 Milliarden. Ein wichtiger, im Vorfeld kaum kalkulierbarer Faktor ist dabei der Aufwand für die Sicherheitsmaßnahmen: Bei den Sommerspielen in London 2012 war dafür eine Milliarde Euro nötig.

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