Bei dieser Rekord-Hitze kommen Retter ins Schwitzen

An diesem Wochenende könnte der Temperatur-Rekord fallen. Trotzdem gibt es keine Notfallpläne der Rettungsdienste und Spitäler. Die Trockenheit macht den Feuerwehren große Sorgen.

Die Hitzewelle erreicht am Wochenende ihren Höhepunkt. Rettungsdienste, wie der Arbeiter Samariter Bund, stellen daher mehr Fahrzeuge zur Verfügung. Die Einsatzzentralen rechnen mit bis zu einem Viertel mehr Notrufen. Vor allem in den Städten. Denn jeder weitere Hitzetag schwächt empfindliche, kranke und ältere Menschen (Tipps gegen die Hitze siehe Seite 23).

Koordinierte Einsatzpläne betreffend Hitzeperioden gibt es bei den Blaulichtorganisationen und Spitälern keine. Hunderte Freiwillige Feuerwehren stehen allerdings wegen der Trockenheit in erhöhter Einsatzbereitschaft. Schon eine kleine Glasscherbe kann durch Lichtbrechung ganze Felder in Brand setzen. Und am Sonntag könnte ein Allzeit-Rekord fallen. „Reden wir über 40 Grad, dann stellt sich die Frage, ob dahinter ein Ruf- oder ein Fragezeichen steht“, möchte sich Peter Pilati vom Wetterdienst Ubimet (noch) nicht festlegen.

Tatsächlich aber sind 40 Grad am Sonntag oder Montag (nur im Osten) möglich. Denn zu den aufgeheizten Böden gesellt sich eine südliche Föhnströmung dazu. „Favoriten sind für mich der Seewinkel und das südliche Mostviertel“, sagt Pilati. Der Hitzerekord wurde mit 39,7 Grad am 27. Juli 1983 in Dellach im Drautal (Kärnten) gemessen. 30 Jahre später könnte diese Marke fallen. „Durchaus möglich“, bestätigt auch Meteorologe Alexander Orlik von der Hohen Warte. Womit die Staus am Wochenende (Hungaroring/F 1) zur Herausforderung werden.

Der Direktor der Zentralanstalt für Meteorologie (ZAMG), Michael Staudinger, fordert für solche Situationen einen Notfallplan.

Hundstage-Strategie

„Denn 2003 fielen der Hitzeperiode rund 600 Österreicher zum Opfer. Frankreich und andere Länder haben Hundstagepläne. Sie sollen Hitzetote verhindern“, erklärt Staudinger. Freiwillige ziehen von Haus zu Haus und bringen gefährdete Menschen an kühle Plätze – wie Kirchen oder Supermärkte. In Österreich gibt es einen Hitze-Notfallplan noch nicht.

„Wir arbeiten in der Steiermark und Kärnten bereits an ähnlichen Modellen. Die ZAMG informiert Landes-Sanitätsdirektionen und warnt Altersheime inklusive Spitäler.“ Nachsatz des Wetter-Profis: „Klimaszenarien der Zukunft sind in vielen Details noch nicht bekannt. Längere und häufigere Hitzeperioden sind aber wahrscheinlich.“

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Kopfschmerz, Benommenheit, Übelkeit: Wer sich ohne Kopfbedeckung derzeit länger in der Sonne aufhält, muss mit einem Sonnenstich rechnen – der oft nicht gleich bemerkt wird. „Der Sonnenstich ist eine Reaktion der Hirnhäute auf die massive Wärmeeinstrahlung“, sagt Chefarzt Wolfgang Schreiber vom Österreichischen Roten Kreuz. Ausschlaggebend sei in erster Linie die Wärme und nicht, wie früher angenommen, die UV-Strahlung. Aus seiner Erfahrung steige bereits ab Werten von rund 32 Grad das Risiko deutlich an.

Während beim Sonnenstich der Kopf erhitzt ist, ist es beim Hitzekollaps und beim Hitzschlag der ganze Körper: „In Extremfällen kann sich der Körper auf bis zu 40 Grad erwärmen – wenn man nicht die Möglichkeit hat, in den Schatten zu gehen bzw. „man in extremer Unvernunft in der Mittagshitze ein intensives Lauftraining absolviert“.

Ältere Menschen haben ein größeres Risiko, weil sie weniger schwitzen und dadurch Wärme weniger gut abführen können. „Sie können die Haut befeuchten und so den Körper kühlen.“

Erhöhter Oberkörper

Aber auch Jüngere sind häufig betroffen: „Etwa ein Drittel unserer Patienten sind junge Menschen, die ihre Leistungsfähigkeit bei dieser Hitze überschätzen und zu wenig trinken“, sagt Reinhard Hundsmüller, Bundesgeschäftsführer des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASBÖ).

Bei den Erste-Hilfe-Tipps ist das früher verbreitete Hochlagern der Beine in den Leitlinien „heute weitgehend zurückgenommen worden“, sagt Schreiber: „Es gibt keine gesicherten Hinweise, dass dies einen Vorteil bringt.“ Anders sei es bei einem erhöhten Oberkörper, besonders beim Sonnenstich: „Hier wissen wir aus der Intensivmedizin, dass dies etwa bei einer Hirnhautentzündung oder einem Schädel-Hirn-Trauma den Abstrom des Blutes aus dem Gehirn und damit insgesamt die Blutzirkulation verbessert. Wahrscheinlich gilt dies auch für mildere Erkrankungsformen wie den Sonnenstich.“ Wobei ansprechbare Personen so gelagert werden sollten, wie es für sie am angenehmsten ist.

Auf einen wenig beachteten Aspekt beim Thema Tierschutz verweist der Verein „Pfotenhilfe“: „Aquarien und Volieren dürfen auf keinen Fall in der Sonne stehen.“ Das Auto darf als Hitzefalle nicht unterschätzt werden.

Bei dieser Rekord-Hitze kommen Retter ins Schwitzen
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Er war bei einem der größten Erfolge der österreichischen Fußballgeschichte dabei – konnte sich freilich zeitlebens nicht daran erinnern: Kurt Schmied ( 2007). Denn der Vienna- und Teamtorhüter (ein Meistertitel, 38 Länderspiele), unsere unangefochtene Nummer 1 bei der WM 1954, hatte bereits nach wenigen Minuten der Viertelfinalpartie gegen den Gastgeber Schweiz einen Sonnenstich erlitten. Austausch war damals noch ein Fremdwort.

Das Spiel fand am 26. Juni 1954 im Stade Olympique de la Pontaise in Lausanne vor 32.000 Zuschauern und bei 40 Grad im Schatten statt.

Aber Tor und Netz hinter Schmied spendeten keinerlei Schatten. So irrte er in Trance und unter argen Schmerzen erbarmungswürdig umher.

Binnen acht Minuten lag Österreich mit 0:3 zurück. Da postierte sich der Masseur Josef Ulrich hinter dem Kasten und labte Schmied ambulant mit kühlen Schwämmen.

Rollten Angriffe aufs Tor, gaben seine Vorderleute (wie Hanappi und Happel) live Direktiven: „Pass auf, Kurtl – da kummt a hoche Flank’n von links! Spring!“ Am Ende hatte Österreichs Team das Spiel gedreht: Das 7:5 (5:4) ist bis heute das trefferreichste aller Weltmeisterschaften.

Später kam die Elf mit einem 3:1 gegen Uruguay (wieder mit Schmied im Tor) sogar auf Rang 3, ein Erfolg, der 60 Jahre danach leidgeprüften Sportfreunden vermutlich „kollektiven Sonnenstich“ bescheren würde. Schmied, der ferngesteuerte Held, wies in der Rückblende jedes Lob von sich: „Erzählts mir, was wollts – ich weiß eh nix mehr!“

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