Wenn ein Radar zur Falle wird

Beginn des 80ers in Richtung Wien
Fast 1500 Anzeigen pro Tag – in einem Baustellenbereich, wo noch gar nicht gearbeitet wird.

Notwendig für die Verkehrssicherheit oder hinterlistige Abzocke? Eine seit 24. Februar installierte Radarfalle auf einer Baustelle der Südautobahn bei Wiener Neustadt (NÖ) stößt derzeit nicht nur den Autofahrern sauer auf. Auch in Polizeikreisen wird wegen der besonderen Umstände der 80km/h-Beschränkung Kritik laut. 90 Prozent der geblitzten Autolenker tappen auf der Richtungsfahrbahn Wien in die Radarfalle. In nur zwei Wochen wurden dort 20.000 Schnellfahrer erwischt und knapp 600 Führerscheine abgenommen (mehr als 50 km/h zu schnell). Und das, obwohl in Richtung Wien noch gar keine Arbeiten stattfinden, heißt es seitens der Polizei.

Der Baustellenbereich ist für die Asfinag damit derzeit die lukrativste Radarfalle des Landes. 80 Prozent der Strafen sackt der Straßenerhalter ein, der Rest geht für den Verwaltungsaufwand an den Staat.Mehr als eine Million Euro hat die Asfinag in der kurzen Zeit mit der Baustelle bereits eingenommen. Während die Fahrzeuglenker in Fahrtrichtung Süden wegen der sichtbaren Brückenbauarbeiten, der verengten Fahrspuren und der Fahrbahnverschwenkungen ganz automatisch auf die Bremse steigen, herrscht in die Gegenrichtung freie Fahrt. "Es gibt nur eine leichte Verengung und optisch keine sichtbare Beeinträchtigung. Daher fahren viele auch deutlich schneller als 80 km/h", erklärt ein Polizist.

Die Folgen sind bekannt. Bei der Polizei in Wiener Neustadt müssen täglich zwischen 1000 und 1500 Anzeigen abgearbeitet und die Strafbescheide verschickt werden. Noch größer wird der Verwaltungsaufwand, wenn die Autolenker Einspruch erheben, an einer anderen Wohnadresse aufgespürt werden müssen oder eine Ratenzahlung für die Strafe vereinbaren wollen.

Reaktion

Die Asfinag wehrt sich gegen den Vorwurf der Abzocke: "Radar und Section Control sind weder Schikane noch Wegelagerei, sondern ein maßgebender Beitrag zur Verkehrssicherheit. Zu hohe Geschwindigkeit zählt jedes Jahr zu den Top drei der Unfallursachen."

Die vielen Übertretungen würden deutlich zeigen, wie dringend erforderlich die Geschwindigkeitskontrolle ist. Die Radaranlagen im Baustellenbereich seien übrigens auf Empfehlung eines Verkehrssachverständigen installiert worden.

Sie sind dort noch voraussichtlich bis Mai in Betrieb, danach soll für den 13 Kilometer langen Bauabschnitt zwischen Wiener Neustadt und Seebenstein eine Section-Control eingerichtet werden. Dabei werden bei vielen Pendlern Erinnerungen an das Vorjahr wach. Damals wurde das Streckenradar wegen der besonderen Länge zum Streitfall. Auf Interventionen des ÖAMTC leitete die Volksanwaltschaft ein amtswegiges Prüfverfahren zu der Section-Control ein. "Es wurde aber kein Verwaltungsfehler festgestellt", sagt ÖAMTC-Jurist Martin Hoffer.

Österreichweit hat die Asfinag zur Zeit fünf stationäre und sechs mobile Section-Control-Anlagen in Baustellenbereichen in Betrieb. Die Einnahmen sind zweckgebunden und fließen in den Bau des Streckennetzes.

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