Was das Murkraftwerk mit einem NS-Lager zu tun hat

In der Nähe des Baugeländes gab es ein NS-Lager
Das Baugelände liegt nahe an bedenklicher Fläche: Dort wurden mindestens 35 Menschen ermordet.

April 1945, die letzten Kriegstage. Es war kalt, im Lager gab es keine Baracken, die Zwangsarbeiter mussten im Freien schlafen. Als sich ein Mann eine Decke nehmen wollte, wurde er erschossen.

Der Mann war einer von zumindest 35, die im "Lager V" von den Nazis ermordet wurden. "Lager V", heute bekannt als "Lager Liebenau": Es befand sich nördlich der Olympiawiese. Das ist jene Fläche, durch die die Mur umgeleitet werden soll, um Platz für das neue Kraftwerk in Graz-Puntigam zu machen.

Wird die Staustufe also auf historisch belastetem Boden errichtet? Das sei unklar, antworten Historiker: Das Ludwig-Boltzmann-Institut für Kriegsfolgenforschung hat 2011 untersucht, ob auf dem früheren Lagergelände noch Gebeine von Opfern liegen. Doch das ließ nicht mehr mit Sicherheit feststellen. Hinweise auf Gebeine am Murufer oder gar der Wiese wurden bis dato nicht entdeckt.

Auf dem Weg ins KZ

Fest steht aber, dass das Lager für rund 6000 als eine Art Zwischenhalt fungierte für jene ungarischen Juden, die vom Bau des sogenannten "Südostwalls" nach Mauthausen getrieben wurden. Dass überhaupt darüber geforscht wurde, lag tatsächlich am Kraftwerk: Gegner erinnerten an die belastete Vergangenheit des Geländes. Die Energie Steiermark (ESTAG) gab die Untersuchung daraufhin in Auftrag.

Schon zuvor engagierte sich ein Arzt des Sozialmedizinischen Zentrums (SMZ) dafür, das vergessene Nazi-Lager in die Erinnerung zurück zu holen. Das SMZ ist es nun auch, das wegen der laufenden Rodung mahnt: Sollten historische Bodenfunde gemacht werden, bedeute dies einen Baustopp.

Gedenktafel geplant

"Das Thema ist sensibel, wir nehmen es ernst", versichert ESTAG-Sprecher Urs Harnik-Lauris. "Deshalb haben wir auch die Studie in Auftrag gegeben, das Thema war Teil des Behördenverfahrens." Doch es hätten sich keine Hinweise auf Ausläufer des Lagers auf dem Baugelände ergeben. Sollte sich das während der Arbeiten ändern, "muss an der Stelle sofort gestoppt werden, um zu überprüfen". Von einem generellen Baustopp sei auch dann keine Rede: "Das Areal ist insgesamt 1,5 Kilometer lang." Jedenfalls geplant sei aber eine Gedenktafel für die Opfer.

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