"Vor uns müssen sich nur die Großkopferten fürchten"

Elke Kahr, KPÖ, wird Stellvertreterin des ÖVP-Stadtchefs Siegfried Nagl
Heute wird mit Elke Kahr erstmals eine Kommunistin zur Vizebürgermeisterin von Graz gewählt.

Wer Elke Kahr fragt, wie viel sie als Vizebürgermeisterin künftig mehr verdienen wird, bekommt ein Achselzucken als Antwort. "Also das weiß ich wirklich nicht genau", sagt die 54-Jährige. Der KURIER fragte nach: Es sind 12.610 Euro brutto. Kahr nimmt das zu Kenntnis. "Für mich ändert sich ja nichts. Ich behalte mir vom Gehalt 1900 Euro netto wie jetzt auch."

Der andere Umgang mit Politiker-Gagen macht wohl auch einen Teil des Erfolges der KPÖ aus. Seit den Gemeinderatswahlen 2012 ist die KPÖ mit 19,9 Prozent der Stimmen zweitstärkste Partei im Rathaus; heute bekommt die bisherige Wohnungsstadträtin Kahr das höchste Amt, das je ein Kommunist in einer Landeshauptstadt erreicht hat: Sie wird Vizebürgermeisterin und damit offizielle Stellvertreterin des ÖVP-Stadtchefs Siegfried Nagl. Der witzelte ob der Kür der Kommunistin schon mehrmals über "Don Camillo und Peppona" an der Stadtspitze.

Peppona

Ein Vergleich, dem Kahr durchaus etwas abgewinnen kann. "Das ist ja ein sehr sympathischer Film gewesen. Wenn man es genau betrachtet, ist es den Menschen in der Zeit, in der er spielt, schlecht gegangen. Und ein Kommunist und ein engagierter Christ haben versucht, zu helfen." Wenn man das Konzept auf Graz ummünzen könne, sei die Titulierung "Don Camillo und Peppona" schon in Ordnung.

Seit 2005 sitzt Kahr im Stadtsenat. An der Spitze der KPÖ war sie Nachfolgerin Ernest Kalteneggers, der die Kommunisten in Graz ab den 1990er-Jahren salonfähig machte und Protestwähler auch aus bürgerlichen Schichten anzog. Das Erfolgsrezept der Dunkelroten ist simpel, aber effektiv: Die KPÖ besetzt wenige Themen – für preiswertes Wohnen, gegen das kleine Glücksspiel – die aber konsequent.

Spendenfonds

Ihre Mandatare behalten nur einen Teil der Politikerbezüge für sich, den anderen zahlen sie in den parteieigenen Hilfsfonds ein. Pro Jahr kommen so rund 130.000 Euro zusammen, mit denen Grazer in Not unterstützt werden – von der Mietzahlung bis zur Reparatur einer Waschmaschine.

"Bei uns weiß man sehr genau, woran man ist", interpretiert Kahr den Erfolg bei den Grazer Wählern. "Bei uns gibt’s keine Winkelzüge." Bereits nach den Wahlen Ende 2012 wäre ihr als Chefin der zweitgrößten Fraktion das Amt der Vizebürgermeisterin zugestanden. Doch nach mehreren Wahlgängen fiel es an SPÖ-Obfrau Martina Schröck.

Deren Rücktritt macht den Weg zu einer Neuwahl im Gemeinderat frei, diesmal weiß Kahr die Stimmen der ÖVP hinter sich. Dass die KPÖ zuletzt das Budget mitgetragen und damit Neuwahlen verhindert hat, dürfte ÖVP-Chef Nagl also nicht vergessen haben.

Kahr will sich trotz der höheren Ehren treu bleiben, verspricht sie. "Mir geht’s nicht darum, bei großen Events dabei zu sein. Meine Bürotür wird wie bisher offen stehen." Ob man denn vor einer KPÖ-Vizebürgermeisterin Angst haben müsse, wurde Kahr vor Kurzem gefragt. "Das ist der übliche Reflex, wenn man mit einer Kommunistin zu tun hat", kontert Kahr. "Aber die Menschen haben sich vor uns nie fürchten müssen. Nur vielleicht die Spekulanten und die Großkopferten, die nur ihr eigenes Wohl vor Augen haben."

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