Vierter Dschihadisten-Prozess in Graz gestartet

Symbolbild
23-Jähriger soll in Syrien für IS gekämpft haben. 17-Jähriger gerade noch an Ausreise gehindert.

Im Grazer Straflandesgericht hat am Donnerstag der mittlerweile vierte Jihadisten-Prozess begonnen. Angeklagt sind diesmal zwei Brüder im Alter von 17 und 23 Jahren. Die jungen Männer müssen sich wegen der Verbrechen der terroristischen Organisation und der kriminellen Vereinigung verantworten, der Ältere außerdem wegen der terroristischen Straftaten versuchter Mord und schwere Nötigung.

Kaum Zuschauer, nach wie vor strenge Sicherheitsmaßnahmen und nur zwei Ersatzgeschworene: Eine gewisse Routine zeichnet sich im Straflandesgericht in Bezug auf die Jihadisten-Prozesse bereits ab, auch wenn sich alle Verfahren um Angeklagte unterschiedlicher Herkunft drehen. Diesmal stehen zwei türkischstämmige Österreicher vor Gericht. Der ältere der beiden Brüder soll selbst in Syrien für die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) gekämpft haben. Nach seiner Rückkehr soll er versucht haben, den 17-jährigen Bruder dafür zu begeistern, was ihm auch gelang. Der Jüngere konnte von der Polizei gerade noch an seiner Ausreise gehindert werden.

"Er ist hinuntergegangen und hat mit dem Gewehr Menschen aus ihren Häusern vertrieben"

Über den 23-Jährigen sagte der Staatsanwalt: "Er ist hinuntergegangen und hat mit dem Gewehr Menschen aus ihren Häusern vertrieben." Bei einem Überfall auf ein Dorf soll er mit einer Kalaschnikow auf die Bevölkerung geschossen haben - zu seinen Gunsten wird angenommen, dass er nicht getroffen hat, daher nur versuchter Mord. "Wer zum IS geht, bekommt eine Wohnung, ein Haus, einen Garten, ohne dafür zu arbeiten, deshalb ist das auch so populär", meinte der Ankläger. Der ältere Bruder soll auch regelmäßig in jener Moschee gewesen sein, aus der schon einige radikale Islamisten hervorgegangen sind. "Hinter diesen Predigten steht eine beinharte faschistische Ideologie", betonte der Staatsanwalt.

"Ich wollte den Frauen und Kindern helfen"

Beide Angeklagten fühlten sich in keiner Weise schuldig. Der 23-Jährige erklärte, bei seinen acht polizeilichen Einvernahmen nicht ganz die Wahrheit gesagt zu haben: "Die Polizisten haben mich unter Druck gesetzt, sie haben gesagt, ich bekomme mindestens zehn Jahre, da habe ich irgendwelche Geschichten erzählt", rechtfertigte er seine angeblich unwahren Angaben. Dann erzählte er eine völlig neue Version: Er sei zwar in Syrien gewesen, allerdings bei der gemäßigten Freien Syrischen Armee (FSA), und dort auch nur als Sanitäter. "Ich wollte den Frauen und Kindern helfen." Auf die Frage, ober er eine Erste-Hilfe-Ausbildung gemacht habe, antwortete er: "Ja, beim Führerschein". "Hatten Sie eine Waffe?", wollte der Vorsitzende wissen. "Ja, eine Kalaschnikow." "Sanitäter haben keine Kalaschnikow", entgegnete der Richter, der dann eine Warnung aussprach: "Sie haben schon viel Blödsinn erzählt. Sie können so weiter machen, aber verschaukeln lassen wir uns nicht."

Der jüngere Bruder gab ebenfalls an, nicht schuldig zu sein. Er wollte nur Ausreisen, um in der Türkei drei Monate lang eine Schule zu besuchen, "unter der Aufsicht seines dort lebenden Großvaters", wie sein Verteidiger betonte. Er erklärte außerdem, zu seinem Bruder und dessen Aktivitäten keinerlei Angaben zu machen.

Der Prozess wird am Freitag um 9.00 Uhr fortgesetzt.

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