Urteil bestätigt: Novomatic muss Spieler 43.000 Euro zahlen

On the rise: Die Novomatic AG schnappt sich den letzten verbliebenen Stockerlplatz. Seit zehn Jahren wächst man beständig, die sechs-Prozent-Steigerung aus dem Jahr 2012 ergibt 2,423 Mrd Euro Markenwert.
Konzern blitzte mit Rechtsmittel ab. Urteil ist vollstreckbar, aber nicht rechtskräftig.

Der niederösterreichische Glücksspielkonzern Novomatic muss einem Spielsüchtigen 43.130 Euro zurückzahlen, die dieser an Novomatic-Automaten in Wien verzockt hat. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Wien entschieden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, aber laut Klägeranwalt vollstreckbar. Novomatic will Rechtsmittel einlegen.

Der Kläger hat argumentiert, dass er aufgrund seiner Spielsucht nicht geschäftsfähig gewesen sei. Bei Gericht ist er damit sowohl in erster als auch in zweiter Instanz durchgekommen.

Kläger war es "nicht möglich vernunftgeleitet zu handeln"

"Dem Kläger war es infolge seiner Spielsucht im Zeitraum vom 23.03.2011 bis 16.06.2014 nicht durchgängig möglich, vernunftgeleitet zu handeln. Er besaß in unmittelbarer zeitlicher und örtlicher Nähe zum Spielbetrieb nicht die Willenskraft, sich in Beziehung auf das Glücksspiel anders zu entscheiden, nämlich diesem zu entsagen oder rechtzeitig den Spielbetrieb abzubrechen", heißt es in dem OLG-Urteil (3 R 47/16b), das der APA vorliegt.

Der Kläger hatte jahrelang und regelmäßig in den Novomatic-Spielstätten Casino Admiral Prater und im Casino Monte Laa gezockt. "An den Apparaten erzielte Gewinne verspielte der Kläger binnen kürzester Zeit wieder", stellte das OLG fest.

Schon das Erstgericht hatte dem Mann recht gegeben, wogegen sich Novomatic gewehrt hat. Das Oberlandesgericht gab aber weder dem Rekurs noch der Berufung Folge, die von Novomatic vorgebrachten Rügen (Mängelrüge, Tatsachenrüge, Rechtsrüge) sah die zweite Instanz nicht als gerechtfertigt an. Das Gutachten des Gerichtssachverständigen sei schlüssig und nachvollziehbar.

Binnen 14 Tagen muss Zahlung erfolgen

Laut dem Anwalt des Klägers, Peter Ozlberger, ist das Urteil vollstreckbar. "Jetzt muss binnen 14 Tagen gezahlt werden. Sonst kann eine Exekution geführt werden", so der Rechtsvertreter zur APA.

Eine Revision ist nicht zulässig, da die Frage, ob ein Spieler aufgrund von Spielsucht geschäftsfähig war, "eine typische Beurteilung des Einzelfalls ist", wie es in dem OLG-Urteil heißt.

Üblicherweise ist eine sogenannte ordentliche Revision an den Obersten Gerichtshof (OGH) nur dann zulässig, wenn wesentliche Rechtsfragen offen sind.

Dem Novomatic-Konzern bleibt aber noch der Weg einer außerordentlichen Revision - diesen will das Unternehmen aus Gumpoldskirchen auch beschreiten. "Wir prüfen das Urteil noch im Detail. Es handelt sich um ein Verfahren, das noch auf der alten Rechtslage beruht, bei der anonyme Spielteilnahme möglich war. Wir werden nach jetzigem Kenntnisstand ein Rechtsmittel erheben, um höchstgerichtlich die Frage einer etwaigen partiellen Geschäftsfähigkeit beim Abschluss von Glücksspielverträgen zu klären", so Novomatic-Sprecher Hannes Reichmann auf Anfrage der APA.

Klägeranwalt Ozlberger hält es für "ausgesprochen unwahrscheinlich", dass die OLG-Entscheidung vom OGH aufgehoben wird. Falls doch, müsste der Spieler das Geld an Novomatic wieder zurückzahlen.

Ozlberger hat mehrere ähnliche Verfahren gegen Novomatic angestrengt und in vier Fällen in erster Instanz - davon jetzt einmal in zweiter Instanz - gewonnen, wie er sagt.

Die Kläger werden allesamt von "Automatenkläger" Thomas Sochowsky unterstützt. Sochowsky war früher Geschäftspartner von Novomatic, geht aber seit Jahren gerichtlich gegen Novomatic vor. Er vertritt rund 240 Spieler, die bei Novomatic Geld verzockt haben und sich dies via Klage zurückholen wollen. Im Erfolgsfall kassiert er zehn bis 20 Prozent des erstrittenen Betrags.

Beträge zwischen 43.000 und 372.000 Euro

In den vier bereits - nicht rechtskräftig - entschiedenen Fällen geht es laut Sochowsky um Beträge zwischen 43.000 und 372.000 Euro.

In einem Fall hat sich Sochowsky die Ansprüche eines Spielers abtreten lassen, um selbst in einer Art Musterverfahren gegen Novomatic vor Gericht zu ziehen. "Wir haben uns ausdrücklich nicht auf die mangelnde Geschäftsfähigkeit gestützt, sondern darauf, dass die Automaten illegal sind", erklärt Anwalt Ozlberger. In erster Instanz hat Sochowsky gewonnen, das Gericht führte sogar einen Lokalaugenschein durch, bei dem festgestellt wurde, dass die nach damaliger Rechtslage zulässigen Höchsteinsätze und -gewinne überschritten worden seien. Die zweite Instanz jedoch wies die Klage ab. Begründung: Novomatic habe für sämtliche Automaten Bewilligungen. Ozlberger ging in Berufung, nun heißt es Warten auf den Obersten Gerichtshof (OGH). In dem Fall, so der Anwalt, sei die Revision ausdrücklich zugelassen worden.

Das "kleine Glücksspiel", also das Zocken an Automaten, war früher Ländersache und ist nun im Bundes-Glücksspielgesetz (GSpG) geregelt. Das neue GSpG ist aber seit Anbeginn juristisch eine heiße Kartoffel, zahlreiche Male waren schon die Höchstgerichte sowie auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit der Materie befasst. Es geht etwa um die Frage, ob das Monopol des teilstaatlichen Casinos-Austria-Konzerns mit EU-Recht vereinbar ist.

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