Umweltskandal: HCB-Klage wegen "Schockschäden"

Unter anderem fordern die Betroffenen vom Zementwerk Schadenersatz
Weitere Schadenersatzklage eingebracht. Elf Betroffene begehren Wiedergutmachung für psychische Belastungen

Die juristische Aufarbeitung des Umweltskandals um Hexachlorbenzol (HCB) im Kärntner Görtschitztal geht in die nächste Runde. Am Landesgericht Klagenfurt wurde über Weihnachten eine Sammelklage eingereicht, in der elf Betroffene von der Republik Österreich, dem Zementwerk „w&p“ sowie der Donau Chemie Schadenersatz wegen durch HCB verursachter „Schockschäden“ sowie Werteverluste an Liegenschaften einfordern.

Nachdem im September 2016 bereits zwei Kärntner Waldbesitzer Abwertungen an ihrem Grund und Boden eingemahnt hatten, folgt nun die nächste Tranche an Leidtragenden, die sich – vertreten von Anwalt Wolfgang List – ans Gericht wenden. „Eingeklagt werden unter anderem sogenannte Schockschäden durch das HCB. Die Personen waren und sind durch den Skandal psychischen Belastungen ausgesetzt, die deutliche Spuren hinterlassen. Wir fordern pro Person 8000 Euro Wiedergutmachung“, erklärt List. Die Betroffenen seien Neurologen, Psychiatern und Psychologen zugeführt worden, es gäbe entsprechende Expertisen.
Was mögliche Schädigungen durch HCB im Blut der Görtschitztaler betrifft, so seien diese derzeit nicht eruierbar. „Wir haben einen der Top-Umweltmediziner Europas ersucht, uns ein entsprechendes Gutachten über die zu erwartenden Folgeschäden zu erstellen. Aber das ist schlicht unmöglich“, sagt List.

Verjährungsfrist

Um diesen Punkt aber auch nach der Verjährungsfrist für Schadenersatzansprüche (diese endet im November 2018) abhandeln zu können, enthalte die eingereichte Klage ein Feststellungsbegehren hinsichtlich zukünftiger Gesundheitsschäden. Alle elf in der 67 Seiten langen Niederschrift genannten Personen hätten erhöhte HCB-Werte im Blut. List: „Eine Frau, die 300 Meter vom Werk entfernt wohnt, weist sogar eine exorbitant hohe Belastung auf.“

Exakt beziffert sind indes die Werteverluste bei den Liegenschaften der elf Betroffenen: sie sind in der Klage mit 128.000 Euro ausgewiesen.
Ende Jänner werden sich fünf Landwirte an das Klagenfurter Landesgericht wenden. Die Bewertung der durch HCB entstandenen Schäden an den Liegenschaften, Wiesen, Wäldern und Tieren ist derzeit im Gange.

Erst der Anfang

Für die Anwaltskanzlei List, die von der Prozessfinanzierungsgesellschaft AdvoFin unterstützt wird, ist das alles jedoch erst der Anfang: Am 11. Jänner findet um 18.30 Uhr im Gasthof Liegl in Eberstein eine „Bürgerinformationsveranstaltung“ statt. Bei dieser Offensive möchte AdvoFin weitere Leittragende ansprechen, um letztlich die anvisierte 150-Millionen-Euro-Massenklage realisieren zu können. „Wir gehen nach wie vor von dieser Gesamtsumme und von Hunderten Klägern aus, haben die Klagen nur gesplittet, um besser auf die Bedürfnisse der Menschen eingehen zu können“, betont List.

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