"Übrig bleibt ein Scherbenhaufen"
219.000 Euro – um diesen aus Steuergeldern beglichenen Betrag ging es ursprünglich im BZÖ-Broschürenprozess am Landesgericht Klagenfurt. Doch das Verfahren hat eine andere Dimension erreicht: es skizziert das von Willkür geprägte System des damaligen BZÖ Kärnten, das die Beamten im Griff hatte und ins Blaue regierte. Und es deckt den orange-blauen Trümmerhaufen auf, der unterm Strich übrig bleibt.
"Wer nicht spurte, musste mit Sanktionen rechnen", sagte ein Beamter der Kärntner Landesregierung letzte Woche vor Gericht aus. Er meinte damit Kollegen sowie Politiker gleichermaßen. Und er meinte die Ära Jörg Haiders wie auch jene Gerhard Dörflers als Landeshauptleute. "Das Bild, das 2008 nach Haiders Tod von den vermeintlichen Freunden Gerhard Dörfler, Harald Dobernig, Uwe Scheuch und Stefan Petzner verbreitet wurde, holt die Protagonisten jetzt ein. Die Geister, die sie riefen: nun sitzen sie vor dem Richter. Übrig bleibt ein Scherbenhaufen", analysiert Politologe Peter Filzmaier.
Dörfler ist wegen Untreue und Amtsmissbrauchs angeklagt, weil er als Referent bei der Vergabe von Straßenbauaufträgen Umreihungen veranlasst haben soll. Ex-BZÖ-Obmann Petzner, Ex-Finanzlandesrat Dobernig sowie Ex-Landeshauptmann-Stellvertreter Scheuch wird jeweils Untreue vorgeworfen, weil eine Kärnten-Broschüre nach Haiders Tod mit Steuergeldern vor der Landtagswahl 2009 zur BZÖ-Wahlwerbung umfunktioniert worden sein soll. Die Partei landete schließlich mit 44,89 Prozent der Stimmen einen fulminanten Sieg.
Die ehemaligen Politiker werden zu Dauergästen bei Justizbehörden: Scheuch hat die "Part of the Game"-Affäre eine rechtskräftige Verurteilung zu sieben Monaten bedingter Haft eingebracht, Dobernig sitzt mit Fußfessel vor Richter Christian Liebhauser-Karl, der ihn im Herbst 2016 im Prozess um Steuerberater Dietrich Birnbacher zu acht Monaten unbedingter Haft verdonnert hatte.
"Klima der Angst"
Ein "Klima der Angst" hätten die BZÖ-Politiker einst geschaffen, berichtete nun ein ranghoher Beamter dem Richter; Strafversetzungen, Suspendierungen und Zwangspensionierungen seien an der Tagesordnung gewesen. Wer willfährig war, habe Karriere gemacht und Zulagen erhalten. Ein solcher williger Helfer soll im Auftrag Dörflers Aktenvermerke umgeschrieben haben, um die gewünschten Auftragsvergaben zu erlangen.
"Falls es dieses System gab, wundert es mich, dass es funktioniert hat. Beamte sind ja geschützt gegen ein Hire-and-Fire-Prinzip", betont Filzmaier. Er nimmt auch die Öffentlichkeit in die Verantwortung: "In der BZÖ-Hochblüte (Haider gründete die Partei 2005, im Dezember 2009 sagte sich die Landesgruppe von der Mutterpartei los und wurde zu "Die Freiheitlichen", Anm.) hat man sich am teuer inszenierten Spektakel begeistert, da wäre Misstrauen angebracht gewesen." Jetzt ist das Gericht am Wort.
"Da bleibt was picken"
Welche Folgen hätten Urteilssprüche – für alle Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung – für FPÖ und BZÖ? "Da würde etwas picken bleiben", glaubt Filzmaier, "Auch an der FPÖ, denn Parteichef HC Strache hat ja bildlich den Schulterschluss mit Uwe Scheuch gelebt." Konsequenzen befürchtet das Kärntner BZÖ, das bei der Landtagswahl 2009 nur mehr 6,4 Prozent erreichte, ebenfalls. "Die vor Gericht sitzenden Ex-BZÖler zeichnen ein verheerendes Bild", erklärt der stellvertretende Parteiobmann Wilhelm Korak.
In die Zielgerade biegt der BZÖ-Broschürenprozess am Landesgericht Klagenfurt. Am Donnerstag soll es die Urteile für Stefan Petzner, Harald Dobernig und Uwe Scheuch geben, das Verfahren gegen Gerhard Dörfler wird wohl ausgegliedert.
Verantwortlich dafür sind die schweren Verdachtsmomente, mit denen der ehemalige Kärntner Landeshauptmann konfrontiert wird. Oberstaatsanwalt Eberhard Pieber geht davon aus, dass zahlreiche Bieterreihungen von der Straßenbauabteilung, der Dörfler als Referent von 2001 bis 2013 als politischer Referent vorstand, umgestoßen worden sind. Das Büro des aktuellen Verkehrsreferenten Gerhard Köfer (Team Kärnten) teilte mit, dass in Kärnten jährlich zwischen 300 und 400 Bauvergaben erteilt werden. Das würden insgesamt mindestens 3600 Akten ergeben, die plötzlich auf dem Prüfstand stünden.
In zwei Fällen aus den Jahren 2004 und 2005, in denen eine Umreihung definitiv stattgefunden hat, wurde diese übrigens jeweils erfolgreich von den ausgebremsten Firmen beanstandet. Der Unabhängige Verwaltungssenat hatte die Vergaben damals wieder aufgehoben.
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