Tödlicher Mix in Böllerwerkstatt

Vater und Sohn starben bei der Explosion
Prozess in Graz: 25 Kilogramm Knallkörper explodierten in der Südoststeiermark, zwei Männer starben.

16 Cent bekam der 29-Jährige für jeden Böller, den er im Auftrag seines Freundes produzierte. 16 Cent pro "Blitzknallsatz", wie Staatsanwalt Alexander Birringer die Sprengkörper nennt. "Dilettantisch hergestellt mit immensem Gefährdungspotenzial", beschreibt der Ankläger und kommt zum 17. November 2014, punkt 18.10 Uhr: 25 Kilogramm der illegal gefertigten Böller gingen hoch, nachdem der 29-Jährige einen Fehler beim Mischen der Chemikalien machte.

Der Steirer und sein Vater,57, der nur zufällig in das Wirtschaftsgebäude kam, waren sofort tot. Häuser und Pkw im Umkreis von zwei Kilometern wurden durch die Explosion in der südoststeirischen Gemeinde beschädigt.

Nicht explodiert

Verheerend genug, aber laut Staatsanwalt hätte es noch schlimmer kommen können: Weitere gelagerte Böller mit einem Gesamtgewicht von 175 Kilogramm detonierten nämlich nicht. Birringer klagt unter anderem vorsätzliche Gemeingefährdung an, fünf bis fünfzehn Jahre Haft sind da möglich.

Tödlicher Mix in Böllerwerkstatt
ABD0017_20161005 - GRAZ - ÖSTERREICH: ZU APA0082 VOM 5.10.2016 - Die Angeklagten vor dem Prozessauftakt am Mittwoch, 05. Oktober 2016, in Graz. Am 17. November 2014 explodierten in einem Wirtschaftsgebäude in Kapfenstein selbst hergestellte Böller, 2 Personen wurden dabei getötet, mehrere Nachbargebäude beschädigt. - FOTO: APA/ERWIN SCHERIAU

Neun Angeklagte hat Richterin Barbara Schwarz Mittwoch vor sich. Unter ihnen die Lebensgefährtin des getöteten 29-Jährigen und dessen Bruder, 35. Während es bei ihr nur um falsche Beweisaussage geht, war der Bruder ebenfalls an der illegalen Produktion beteiligt. "Mein Mandant hat Bruder und Vater verloren", betont sein Verteidiger. "Die ganze Familie ist traumatisiert." Der Mann überlebte, weil er kurz vor der Detonation aus dem Raum gegangen war.

Doch die Brüder sind für den Ankläger gar nicht die Drahtzieher. Er hat zwei Gastwirte, Vater und Sohn, sowie einen 33-Jährigen, alle aus der Südsteiermark, im Visier. Die Wirtsleute, im Nebenberuf Pyrotechnikhändler, sollen bestellt, der 33-Jährige produziert haben.

Böller kopiert

Eine "Feuerwerksausbildung" bei einem privaten Sachverständigen habe er gemacht und einen Gewerbeschein besitze er auch, verteidigt sich der Mann. Dieser "Sachverständige" - übrigens ebenfalls unter den Angeklagten - habe den Kontakt zu den Wirten hergestellt. "Er kennt da jemanden, der was abnehmen würde", beschreibt er. "Dann waren wir bei denen im Gasthaus und der Vater hat mir einen Böller gezeigt und gesagt, den soll ich kopieren."

Das war Ende 2012. Rund 6100 Böller stellte er in dem Jahr her. Richterin Schwarz spielt ein Video vor, das gefunden wurde: Da steckt ein einziger Knallkörper in einem 40 Zentimeter dicken Holzpflock dessen Teile fliegen nach der Sprengung meterweit.

Zunächst verarbeitete der 33-Jährige Aluminiumpulver und Kaliumperchlorat in seiner Garage. 13.000 Böller sollen es 2013 geworden sein, 2014 "war’s auch nicht mehr". 2,20 Euro für einen großen Böller will er von den Wirtsleuten bekommen haben, dafür gab es sogar einen eigenen Vertrag. "Damit ich exklusiv für ihn liefere."

Sein "bester Freund", das jüngere der späteren Todesopfer, habe dann vorgeschlagen, die Produktion zu verlagern. Nämlich zu sich nach Hause. So kamen der ältere Bruder und weitere Freunde ins Spiel. Sogar der zehnjährige Sohn des 29-Jährigen half mit. Das Kind habe aber bloß "Stoppel auf die leeren Hülsen" gedrückt, behauptet der Angeklagte.

"Die letzte Herstellung war dann am 17. November", merkt Richterin Schwarz an. Der 33-Jährige war nicht dabei, wurde aber wenige Minuten nach der Explosion von einem Komplizen informiert: "Es ist was passiert, bleibt ja ruhig."

Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt.

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