Tödliche Schüsse in Graz: Tatfahrzeug sichergestellt

Die Polizei stellte das Tatfahrzeug sicher.
Über den Aufenthalt des Tatverdächtigen gibt es noch keine konkreten Hinweise. Stiwolls Schule und Kindergarten bleiben aus Sicherheitsgründen vorerst geschlossen. Der Mann war schon mehrmals ins Visier der Behörden geraten.

Nach den tödlichen Schüssen auf Nachbarn im steirischen Stiwoll war die Polizei am Montag weiter auf der Suche nach dem mutmaßlichen Schützen. Wenige Kilometer vom Tatort entfernt wurde das Fahrzeug des Verdächtigen - ein weißer VW-Bus - sichergestellt. Das in einem Wald gefundene Fluchtfahrzeug des 66-Jährigen war laut Polizei leer. Es wurden weder der Mann noch Waffen darin entdeckt. Der VW-Bus soll nun kriminaltechnisch untersucht werden. Der Täter war am Montagnachmittag nach wie vor auf der Flucht und möglicherweise bewaffnet.

Polizeisprecher Leo Josefus erklärte, dass der VW-Bus des Verdächtigen versperrt war. Die Spezialeinheit Cobra öffnete und durchsuchte es, fand jedoch vorerst nichts Auffälliges. Das Gelände rund um das Fahrzeug soll nun durchkämmt werden - Objekte würden durchsucht, schilderte der Sprecher. In Graz soll es aufgrund eines Hinweises eines Zeugen auch eine öffentlichkeitswirksame Durchsuchung gegeben haben: Eine Straßenbahn nahe dem Unfallkrankenhaus wurde gestoppt und ein Verdächtiger angehalten. Es war jedoch falscher Alarm.

Um Vorsicht gebeten

Laut Josefus deute einiges daraufhin, dass der mutmaßliche Schütze immer noch in der Nähe ist und Waffen bei sich hat. Es wurde um Vorsicht gebeten. Ähnliches berichtete Bürgermeister Brettenthaler: "Wir bitten die Bewohner wachsam zu sein, nicht selbst Aktionen zu starten, die Häuser abzusperren und zu Hause zu bleiben." Er sprach von "blankem Entsetzen" in der 730-Seelen-Gemeinde. Angst gehe um, als Bürgermeister versuche er die Bewohner zu beruhigen. Er selbst habe nie damit gerechnet, dass so etwas in "seiner Gemeinde" - eine der kleinsten in Österreich - passieren würde. "Wir hoffen, dass der Wirbel bald vorbei ist."

Tödliche Schüsse in Graz: Tatfahrzeug sichergestellt
Mit diesem Schild am Wagen war F. unterwegs
Laut den Ermittler langten auch über Nacht zahlreiche Hinweise aus der Bevölkerung ein, doch "bis dato gibt es keine konkreten Anhaltspunkte auf den Aufenthalt des 66-jährigen Tatverdächtigen". Die Ermittler baten abermals um Hinweise aus der Bevölkerung und betonten, dass Zeugen keine eigenmächtigen Handlungen setzen sollen. Der Verdächtige dürfte bewaffnet sein.

Polizisten überwachten gefährdete Objekte und Institutionen - unter anderem das Grazer Straflandesgericht. Dort hat der Verdächtige laut den Sicherheitskräften seit rund einem Jahr Hausverbot. Montagfrüh hing auch ein Foto des Mannes bei der Kontrolle. Vor dem Gebäude wachten schwer bewaffnete Beamte.

Schule und Kindergarten vorerst geschlossen

Brettenthaler erklärte auf APA-Nachfrage, dass sowohl die Schule als auch der Kindergarten bis auf weiteres geschlossen bleiben. Erst wenn der Verdächtige gefasst ist, sollen die Einrichtungen wieder öffnen. Die Eltern der etwa 20 Kindergarten-Kinder und der rund 30 Volksschüler wurden noch am Sonntag persönlich von den Lehrern informiert, dass die Schule und der Kindergarten geschlossen bleiben. Zudem wurde ein Schulpsychologe kontaktiert, der nach der Entwarnung die Kinder bei der Aufarbeitung unterstützen soll.

Brettenthaler will auch anstehende Veranstaltungen mit Menschenansammlungen - etwa zu Allerheiligen - absagen, wenn der 66-Jährige bis dahin nicht gefunden ist: "Die Vorsicht ist da wichtiger." Er persönlich habe keine Probleme mit dem Mann gehabt, aber das Gemeindeoberhaupt merkte an, dass es "immer ein paar Irre" gebe, die man wegen Gesetzeslagen nicht einfach einsperren könne. Das Verhalten des 66-Jährigen sei seiner Ansicht nach "nicht vorhersehbar" gewesen.

Der Nachbarschaftsstreit am Sonntag hatte zwei Menschenleben und ein schwer verletztes Opfer gefordert. Der 66-Jährige soll gegen 9.15 Uhr einen Mann (64) und eine Frau mit einem Gewehr erschossen und eine weitere Frau schwer verletzt haben. Die Polizei hat am Montag die Altersangaben zweier Opfer korrigiert: Die getötete Frau war 55 Jahre alt, das angeschossene Opfer ist 68. Motiv dürfte ein langwieriger Streit um ein Grundstück gewesen sein.

Bei Gerichten bekannt

Der 66-jährige Verdächtige war schon mehrmals im Visier der Behörden, hieß es am Montag seitens der Staatsanwaltschaft Graz. Er ist bei den Gerichten bekannt, auch beim Straflandesgericht in Graz. Laut Staatsanwalt Christian Kroschl gab es mehrere Verfahren gegen ihn, diese wurden aber eingestellt, unter anderem eines wegen des Verdachts der NS-Wiederbetätigung.

Gegen ihn wurde bereits wegen übler Nachrede, versuchter Nötigung und Drohungen gegenüber Justizorganen ermittelt. Das Verfahren wegen gefährlicher Drohung wurde Ende 2016 in Leoben abgewickelt. Dabei wurde auch ein psychiatrisches Gutachten eingeholt. Dem 66-Jährigen wurde paranoide Schizophrenie attestiert. Das Verfahren wurde eingestellt, da er als nicht zurechnungsfähig, aber auch nicht gefährlich eingestuft wurde, sagte der Leobener Staatsanwalt Walter Pröbst.

Hausverbot im Justizgebäude

Kroschl erklärte, dass das Verfahren in Graz wegen des Verdachts der Wiederbestätigung eingestellt worden war, da ihm der Vorsatz nicht nachgewiesen werde konnte. Der Verdächtige war unter anderem mit seinem VW-Bus mit "Heil Hitler"-Aufschrift durch Graz gefahren. "Er wollte damit aber offenbar auf angebliche Missstände in der Justiz aufmerksam machen", sagte Korschl. Unter dem Plakat war nämlich der Link zu seiner Website zu lesen. "Der Vorsatz der Wiederbetätigung war nicht nachweisbar", meinte der Staatsanwalt.

Trotz der Einstufung als nicht zurechnungsfähig hatten bisher die Voraussetzungen für eine Unterbringung in einer Anstalt nicht ausgereicht, hieß es seitens der Behörden. Barbara Schwarz, Sprecherin des Grazer Straflandesgerichts, erklärte, dass der Mann Hausverbot im Justizgebäude hat, da er im Haus Richter bedroht sowie Flugzettel mit Namen und Fotos von Richtern ausgeteilt hatte.

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