Tirol ist empört: Bayerischer Bürgerprotest bremst Zulaufstrecken für Brennertunnel

Die Arbeiten am Brennertunnel laufen längst. Bayern bremst bei Zulaufstrecken
Deutschlands Verkehrsminister Dobrindt will nun erst in 20 Jahren mit dem Gleisbau in Bayern beginnen

Die Freundschaft zwischen der Tiroler ÖVP und der bayerischen CSU wird immer wieder gerne von den beiden Parteien zelebriert. Doch wenn es um Verkehrspolitik geht, könnten die Interessen nicht gegensätzlicher sein. Das hat sich am Montagabend einmal mehr deutlich gezeigt.

Da stattete der aus Bayern stammende Verkehrsminister Deutschlands, Alexander Dobrindt (CSU), Rosenheim auf Wunsch der Bürgermeister der Region einen Besuch ab. Er wurde von etwa 1500 Gegnern eines Schienenausbaus im nach Tirol führenden Inntal empfangen.

Es geht um die für das Milliarden-Projekt Brenner Basis Tunnel (BBT) auf deutscher Seite notwendigen Zulaufstrecken, die längst versprochen sind. "Die Anliegen der Region sind auch unsere Anliegen", sagte Dobrindt aber am Montagabend und kündigte einen Neustart beim Bürgerdialog an. Das werde dazu führen, dass mit dem Baubeginn der Gleise erst in etwa 20 Jahren zu rechnen sei.

LH Platter ist entrüstet

Bei der oberbayerischen Protestbewegung dürfte Dobrindt Druck aus dem Kessel gelassen haben. In Tirol stieg er hingegen postwendend an. "Was sind Verträge mit unseren Nachbarn noch wert?", fragte sich Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) angesichts von Dobrindts Aussagen am Dienstag in einer Aussendung.

2026 soll der BBT, der mit seinen 64 Kilometern die längste unterirdische Eisenbahnverbindung der Welt sein wird, in Betrieb gehen. Platter verweist auf einen 2012 zwischen Österreich und Deutschland geschlossenen Staatsvertrag zum Planungsdialog. "Dass man jetzt fast fünf Jahre später alles wieder auf null setzen will, spricht entweder für die Planlosigkeit der Beteiligten oder für die Verweigerung von Tatsachen. Der BBT wird gebaut, hier gibt es kein Zurück mehr", lässt Platter seinem Ärger freien Lauf.

Erst im Februar hat der Rechnungshof wegen der nur schleppend vorangetriebenen Umsetzung der Zulaufstrecken in Italien und Deutschland in einem Bericht Zweifel daran geäußert, ob der Tunnel vom Start weg effizient genutzt werden kann. In Rom wurde indes vergangene Woche das erste Baulos für die Zulaufstrecke "Franzensfeste – Waidbruck" genehmigt. Die deutsche Verzögerung stellt das 10-Milliarden-Projekt aber einmal mehr infrage, während am Tunnel längst fleißig gebaut wird.

Politische Motive

Dass Dobrindt nun auf die Bremse steigt, dürfte innenpolitische Gründe haben. Im Herbst 2017 stehen in Deutschland Bundestagswahlen an. Ein Jahr später wird der bayerische Landtag gewählt. In beiden Fällen kann die CSU keine Wutbürger im Freistaat brauchen. Das gilt auch für Verkehrsminister Dobrindt, der als aussichtsreicher Nachfolgekandidat von Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer gilt.

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