Terrorverdacht: Imam verhaftet

Nach einer Razzia im Gebetshaus sitzt der Terrorverdächtige in U-Haft.
Tschetschene soll Kämpfer für Syrien angeworben haben - Glaubenskrieger für tot erklärt.

Die Hausdurchsuchungen in zwei Grazer muslimischen Gebetshäusern blieben nicht ohne Folgen: Die Staatsanwaltschaft Graz ließ einen 41-jährigen Mann wegen Terrorverdacht verhaften. Der Tschetschene soll acht junge Landsleute in der Steiermark angeworben haben, damit sie als Glaubenskrieger in Syrien kämpfen. Vier von ihnen sollen dabei bereits getötet worden sein.

Die Justiz hat den 41-Jährigen im Verdacht, eine terroristische Vereinigung gegründet zu haben. Das wird als Verbrechen gewertet, im Fall einer Verurteilung drohen ein bis zehn Jahre Haft. Bereits am Montag wurde der Verdächtige festgenommen und am Donnerstag die Untersuchungshaft verhängt. Gegen fünf weitere Personen wird noch ermittelt, sie sind auf freiem Fuß.

Terrorverdacht: Imam verhaftet
Imam verhaftet, Cornelia Oswald
Staatsanwalt Hansjörg Bacher bestätigte damit einen Bericht des Nachrichtenmagazins profil: Demnach soll der 41-Jährige als Imam fungiert haben, seine Wirkungsstätte soll der Islamische Glaubensverein Tawhid am Grazer Lendplatz gewesen sein. In dem Gebetshaus und in einem weiteren einer anderen Glaubensvereinigung wurden im Mai Razzien durchgeführt, nachdem bereits ein Jahr lang ermittelt wurde.

"Wir haben Unterlagen und Datenträger sichergestellt", beschreibt Bacher. Die beiden Häuser in den Grazer Bezirken Lend und Gries würden den ultrakonservativen Salafisten zugerechnet. Es soll auch Verbindungen zur El-Kaida-nahen Al-Nusra-Front geben: Der Sicherheitsrat der UNO stuft diese Vereinigung als Terrororganisation ein.

Donnerstagvormittag wurde die Festnahme des Verdächtigen bekannt. Obwohl in der Nachbarschaft Gesprächsstoff, mag kaum ein Anrainer dazu Stellung nehmen. "Dazu sag’ ich nichts, zu gefährlich", wehrt ein Unternehmer ein paar Häuser weiter ab. Cornelia Oswald traut sich. Sie hat einen guten Blick auf die betroffene muslimische Gebetsstätte. Ihr Blumengeschäft ist direkt gegenüber: "Ich fühl mich hier nicht mehr so wirklich wohl", beschreibt die 35-Jährige. "Ich glaube, diese Art des Islams respektiert Österreich nicht wirklich."

100 Kämpfer aus Österreich

Insgesamt 100 Männer aus Österreich dürften laut Innenministerium derzeit in Syrien kämpfen. 20 sollen bereits ihr Leben in dem Bürgerkrieg gelassen haben. So wie Hasan B., der mit seiner Familie von Tschetschenien nach Wien geflohen war. "Ich weiß nicht, warum er nach Syrien gegangen ist", sagt Witwe Zarema O. "Er hat mir gesagt, er reist in die Ukraine. Dann stand die Polizei vor der Tür und sagte, er ist in Syrien gestorben." Vor Kurzem wurde Hasan B. offiziell für tot erklärt. Der 33-Jährige dürfte am 3. oder 4. Mai 2013 ums Leben gekommen sein. Zu der Zeit soll er sich in der Umgebung des Flughafens Aleppo befunden haben. Bei dem Bombenangriff der Armee aus der Luft soll er eine große, offene Bauchwunde erlitten haben, außerdem dürfte ihm ein Arm abgetrennt worden sein. Er hinterlässt vier Kinder.

Es sind in erster Linie Tschetschenen, die von Österreich in den Heiligen Krieg nach Syrien gehen, um zu kämpfen. Rund 20 sind bereits wieder zurückgekehrt. "Der Verfassungsschutz beobachtet sie", sagt Karlheinz Grundböck, Sprecher des Innenministeriums.

Im Fall jener beiden Mädchen mit bosnischen Wurzeln, die ebenfalls nach Syrien in den Kampf ziehen wollten, gibt es übrigens noch keine Spur. Zuletzt hatte sich eine telefonisch bei ihrer Schwester gemeldet, um mitzuteilen, dass es ihr gut gehe. Der Aufenthaltsort der Schülerinnen ist unbekannt.

Rund 80 Männer aus Österreich kämpfen im Bürgerkrieg in Syrien. Die meisten an der Seite der Rebellen, die das Assad-Regime bekämpfen. Auch der Tschetschene Hasan B., der zuletzt mit seiner Frau und vier Kindern in Wien-Hietzing lebte, zog in diesen Krieg. Er starb. So wie bereits zehn weitere Männer aus Österreich. "Ich weiß nicht, warum er nach Syrien gegangen ist", sagt Witwe Zarema O. "Er hat mir gesagt, er reist in die Ukraine. Dann stand die Polizei vor der Tür und sagte, er ist in Syrien gestorben."

"Uns ist bekannt, dass im Land Männer rekrutiert und radikalisiert werden", sagt Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des Innenministeriums. Der Verfassungsschutz ist alarmiert. Punktgenaue Zahlen sind nicht bekannt. "Es ist schwierig, präzise Informationen darüber zu erhalten", sagt Grundböck.

Todeserklärung

Im Fall des 33-jährigen Hasan B. hat nun seine Frau eine Todeserklärung beim Bezirksgericht Hietzing eingebracht, berichtet das Wiener Bezirksblatt. Erst dann kann ihr Mann für tot erklärt werden.

Der Tschetschene dürfte am 3. oder 4. Mai 2013 ums Leben gekommen sein. Zu der Zeit soll er sich in der Umgebung des Flughafens Aleppo befunden haben. Der Flughafen wurde von der syrischen Armee gestürmt. Bei dem Bombenangriff aus der Luft soll er eine große, offene Bauchwunde erlitten haben, außerdem dürfte ihm ein Arm abgetrennt worden sein.

Sollte sich Hasan B. nicht bis 6. Mai melden, wird er für tot erklärt. Seine Frau und die vier Kinder, zwei Buben und zwei Mädchen, haben sich bereits damit abgefunden, dass ihr Vater nicht mehr zurückkehrt. "Das ist eine Katastrophe", sagt Zarema O. "Aber Gott hilft immer."

Viele von ihnen kämpften schon in Bosnien, Tschetschenien, Afghanistan oder dem Irak – jetzt heißt der neue Tummelplatz der „Dschihadistischen Internationale“ Syrien. Laut dem jüngsten Report des „International Centre for the Study of Radicalisation“ (ICSR) kämpfen 11.000 Ausländer, das ist ein Zehntel aller Aufständischen in dem Bürgerkriegsland. Sie gehören zu den Radikalsten der Radikalen und streben einen islamischen Gottesstaat an, berichtet die Süddeutsche Zeitung.

Demnach kommen sie aus 70 verschiedenen Ländern, vor allem aus arabischen, hier speziell aus dem benachbarten Jordanien (2089), aus Saudi-Arabien (1010), Tunesien (970) und dem Libanon(890). Und auch 1800 Europäer sollen nach Syrien in den „Heiligen Krieg“ gezogen sein, vor allem aus Frankreich (412), Großbritannien (366), Belgien (296) und Deutschland (240). Aus Österreich seien 60 Extremisten angereist.

Rekrutiert würden die „Gotteskrieger“ in den Flüchtlingslagern um Syrien und im Internet. Auf einschlägigen Dschihadisten-Webseiten werde auf Arabisch, Englisch, Französisch oder Deutsch geworben. Einmal im Bürgerkriegsland, würden sich die Islamisten meist der Al-Nusra-Front anschließen, die enge Kontakte zur El Kaida unterhält, oder der noch radikaleren Gruppe „Islamischer Staat im Irak und in al-Sham“.

Hilfsappell der Caritas

Indes hat Caritas-Direktor Michael Landau knapp vor Weihnachten eindringlich an die Spendenbereitschaft der Österreich appelliert: „Die Situation vor Ort hat sich durch Kälte und Schnee dramatisch zugespitzt. Wir müssen das Leid der syrischen Flüchtlingskinder lindern.“ Man brauche Geld, um Winterbekleidung, Decken, Öfen und Heizmaterial zu besorgen.

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