Temporäres Demo-Verbot auf Plätzen

Bei der jüngsten Demo gegen den Akademikerball marschierten 2800 Menschen durch die Wiener Innenstadt – ohne gröbere Zwischenfälle
Innenminister schickt Vorschlag an SPÖ, er will auch hohe Geldstrafen bei Ausschreitungen.

Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) hat keine Zeit verstreichen lassen: Am Montag ging der Begutachtungsentwurf (der dem KURIER vorliegt) zu den geplanten, verschärften Demo-Regelungen an die SPÖ. Der Inhalt hat es durchaus in sich: So soll es temporäre Demo-Verbote auf Straßen und Plätzen geben. Versammlungsleitern könnten künftig hohe Geldstrafen drohen – wenn es bei Demonstrationen zu strafbaren Handlungen kommt.

Temporäres Demo-Verbot auf Plätzen
Eine Änderung des Versammlungsrechts sei notwendig geworden, weil die Zahl der Demos in den vergangenen Jahren stark gestiegen ist (siehe Grafik).

876 Stunden

Künftig will der Innenminister per Verordnung festlegen, an welchen Plätzen oder in welchen Straßen Demonstrationen verboten sind. Das Verbot darf allerdings nicht länger als 876 Stunden (oder 73 Tage) dauern. Damit will man Unternehmer und Anrainer schützen. "Ich denke da etwa an ständige Lärmbeeinträchtigungen im unmittelbaren Umfeld von Krankenhäusern oder andere gesundheitliche Interessen", sagt Sobotka. Im Entwurf wird auch damit argumentiert, dass gehäufte Versammlungen nachhaltige Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb dort etablierter Gewerbebetriebe oder den Personenverkehr haben und für Lärmbelästigung bei den Anrainern sorgen. Eine ganze Region oder ein ganzer Bezirk kann allerdings nicht für Demonstrationen verboten werden.

Mehr Verantwortung kommt auf den Versammlungsleiter zu. Der ist künftig für den reibungslosen Ablauf der Demos verantwortlich. Kommt es zu strafrechtlich relevanten Tatbeständen, soll der Veranstalter sofort entgegenwirken und die Versammlung auflösen. Tut er das nicht, drohen Geldbußen bis zu 10.000 Euro. Die ÖH-Vorsitzende Karin Stanger sprach schon im Vorfeld von einem "Einschüchterungsversuch".

Demonstranten wiederum sollen künftig keine "Gegenstände bei sich haben, die geeignet sind (...) Maßnahmen der Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes abzuwehren oder unwirksam zu machen." Gemeint ist damit etwa Schutzkleidung oder Schutzhelm. Bei Zuwiderhandlung droht 1000 Euro Strafe.

Klare Regelungen soll es auch bei Demonstrationen und Gegenkundgebungen geben – sie dürfen dann nur mehr in 150 Metern Abstand abgehalten werden.

Kritik an Aïda

Das heikle Thema Demo-Einschränkungen bringt auch der Wiener Traditionskonditorei Aïda derzeit mehr Saures als Süßes. Grund ist, dass Betreiber Dominik Prousek schon vor Monaten eine Petition für die Errichtung von Demozonen initiiert hat. Via eMails und auf Facebook gibt es nun von Aïda-Kunden harsche Kritik: "Ich werde mit Sicherheit auch nicht mehr vorbeikommen!! Pfui!", schreibt eine Wienerin.

Erst am Freitag marschierten 2800 Menschen durch die Innenstadt, um gegen den Akademikerball zu demonstrieren. "Plötzlich unterstellt man uns, dass wir uns für den Akademikerball aussprechen. Das wird völlig vermischt", sagt Aïda-Sprecher Stefan Ratzenberger. "Uns ist egal, in welche politische Richtung Demonstrationen gehen. Die Frage ist: Sind es gewalttätige Demos? Dann sollten sie aus der Innenstadt raus."

Bei der Demonstration am Freitag, betont Ratzenberger, habe es keine Probleme gegeben. Man habe nur eine Filiale vorzeitig geschlossen, weil sie in der Sperrzone lag. Im Gegensatz dazu war es im vergangenen Sommer zu Tumulten und Sachbeschädigungen gekommen, als Türken und Kurden bei einer Demo aneinandergerieten.

SOS-Mitmensch hat eine Unterschriftenaktion gegen die Einschränkungen gestartet und mehr als 13.500 Unterschriften gesammelt.

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