Strahlentherapie: Bedarf wird erhoben

Strahlentherapie: Bedarf wird erhoben
Einigung auf Maßnahmen gegen Engpässe / Bedarfserhebung startet aber erst im Herbst.

Der Aufschrei von Medizinern und Patientenanwälten war nicht umsonst: Die enorm langen Wartezeiten auf Krebs-Strahlentherapien sollen verkürzt werden. Auf die nötigen Schritte haben sich die Patientenanwälte aus Wien, NÖ und dem Burgenland und die dortigen Spitalsbetreiber bei einem runden Tisch am Freitag in Wien geeinigt. Bis zur Umsetzung wird allerdings noch viel Zeit vergehen.

Wie berichtet müssen Patienten in Spitälern Ostösterreichs bis zu 70 Tage warten, bis sie eine Strahlentherapie erhalten. Diese Zahlen hat unlängst der Wiener Strahlenmediziner Robert Hawliczek erhoben. Heftige Debatten zwischen Bund und Ländern um die politische Verantwortung waren die Folge. „Mit unserem Gespräch am Freitag haben wir einen Durchbruch erzielt“, sagt Hawliczek. „Niemand der Beteiligten hat mehr in Frage gestellt, dass wir hier ein Problem haben.“

Bedarfserhebung

Und so soll es jetzt gelöst werden: „Ich werde bei der nächsten Bundesgesundheitskommission Ende Juni den Antrag stellen, dass eine Bedarfserhebung durchgeführt wird“, kündigt Niederösterreichs Patientenanwalt Gerald Bachinger an. Diese soll aber nicht nur die Ostregion betreffen. Denn zumindest in Kärnten und der Steiermark gibt es in der Strahlentherapie ebenfalls Engpässe. Die Studie wird aber voraussichtlich erst im Herbst starten.

Erhoben werden soll dabei auch, wie viele Patienten derzeit überhaupt in Behandlung sind. Denn nicht einmal dazu gebe es laut Bachinger verlässliche Daten. Mit der Prüfung soll die „Gesundheit Österreich“ beauftragt werden – das nationale Forschungs- und Planungsinstitut für das Gesundheitswesen. Auf Basis der Daten können dann, wo nötig, zusätzliche Geräte für die Strahlentherapie angeschafft werden. Nicht nur die Strahlentherapie, sondern das Krebsmanagement insgesamt soll in den nächsten Monaten untersucht werden. Denn laut Patientenanwalt würden unnötige Wartezeiten oft bereits zum Zeitpunkt der Diagnose auftreten.

Bis die Patienten vom Ausbau der Therapie-Angebote profitieren, werden allerdings noch etliche Jahre vergehen. Deshalb soll als Sofortmaßnahme die Auslastung an den bestehenden Strahlentherapie-Standorten verbessert werden. Denkbar ist etwa eine Optimierung der Dienstabläufe oder eine Ausweitung der Behandlungszeiten.

Was an sich selbstverständlich wäre, hat für Österreichs Gesundheitswesen dennoch eine neue Qualität: „Bisher wurden Therapie-Angebote nicht auf Basis von Bedarfserhebungen geplant, Grundlage waren vielmehr politische Kompromisse zwischen Bund, Ländern und den Sozialversicherungen, die mit der Realität nichts zu tun hatten“, sagt Mediziner Hawliczek. Er glaubt, dass die jetzt geplanten Maßnahmen in der Krebsbehandlung Vorbild für andere Gesundheitsbereiche haben könnten.

Im Gesundheitsministerium begrüßt man das Vorhaben. „Wichtig ist, dass es neben der quantitativen auch eine qualitative Bedarfserhebung gibt“, betont ein Sprecher. So soll auch erhoben werden, bei welchen Krebsarten der Einsatz der Strahlentherapie überhaupt sinnvoll sei. Dass für den wohl nötigen Ausbau das Geld fehlen könnte, glaubt man nicht: „Es werden sich Wege für die Finanzierung finden“, heißt es im Ministerium.

Bleibt die Frage, warum erst jetzt auf die Engpässe reagiert wird. Im Wiener Krankenanstaltenverbund weist man das zurück. Man habe die Vorgaben des Bundes erfüllt, betont Geschäftsbereichsleiterin Susanne Drapalik. Zudem habe man schon vor der aktuellen Debatte damit begonnen, die Behandlungskapazitäten auszubauen.

Als Bürger ist man gerne gutgläubig und vertraut darauf, dass Steuergeld maßvoll und zielgerichtet eingesetzt wird – zum Wohle aller.

Was sich aber seit Wochen rund um Krebspatienten und deren oft überlange Wartezeiten auf die Therapie abspielt, lässt nur noch staunen. Erst nach breiter Berichterstattung hat die Politik das Problem wahrnehmen wollen, nachdem es zuvor zwischen Bund und Ländern hin- und hergeschoben worden ist. Nach dem Krisengipfel soll jetzt geklärt werden, wie viele Patienten tatsächlich welche Therapiegeräte (Kosten 1,8 bis 2,5 Mio. € pro Gerät) in Anspruch nehmen – weil diese Daten offenbar noch niemand zentral erhoben hat.

Für Krebspatienten bedeutet das: Weiter banges Warten auf Behandlung.

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