"Wesentlich weniger Spitäler" in der Steiermark

Die Gesundheitsversorgung soll sich mehr in die Ordinationen verlagern
Nach der Gemeindereform folgt der nächste Eingriff: Der Gesundheitsbereich soll drastisch umgebaut werden.

Chirurgie zu, Bettenstation weg. Spärlicher Rest des hundert Jahre alten Landeskrankenhauses Mariazell war eine Ambulanz, die nur noch tagsüber geöffnet hatte. "Die Prügel, die ich bezogen habe, waren schon heftig", erinnert sich Ortschef Manfred Seebacher, SPÖ. "Der Bürgermeister ist ja immer der Erste, der die Watschen kriegt."

Seit sechs Wochen sind sie aber wieder glücklich, die Mariazeller. Am 1. Oktober startete ein Pilotprojekt, das beispielgebend für die gesamte Steiermark sein soll: Ein Gesundheitszentrum mit fünf Ärzten deckt die Versorgung der 4000 Einwohner und rund 800.000 Besucher ab. Röntgen, Ultraschall, Labortests werden dort bereits gemacht, demnächst kommen Kinderheilkunde, Gynäkologie und Physiotherapie dazu.

"Dieses Spektrum hatten wir noch nie in Mariazell", freut sich Seebacher, "nicht einmal beim alten LKH." Geöffnet ist täglich von 9 bis 19 Uhr, bloß Montags nicht‚ merkt der Bürgermeister ein bisschen verschnupft an. "Den siebenten Tag kriegen wir auch noch."

Völliger Umbau

Er wird sich wohl durchsetzen, gilt doch das Mariazeller Modell für die steirischen Landespolitiker als Wegweiser durch den "Gesundheitsplan 2035". Wie bei der Gemeindereform will die schwarz-rote Landesregierung auch hier ein bestehendes System völlig umbauen: Landeskrankenhäuser sollen geschlossen werden, niedergelassene Ärzte sich in einer Art Gemeinschaftspraxis zusammenschließen.

Dort sollen auch Pflegefachkräfte mitarbeiten, die etwa gemeinsam mit Allgemeinmedizinern Hausbesuche absolvieren sollen. Diesen Gesundheitszentren vorgeschaltet wird ein rund um die Uhr besetztes "Gesundheitstelefon".

"Es wird wesentlich weniger Spitäler geben", bestätigt Gesundheitslandesrat Christopher Drexler, ÖVP. Er spricht von sieben Leitspitälern, das wäre eine Reduktion um ein Drittel: Derzeit gibt es 15 Spitäler und Spitalsverbünde an 23 Standorten, wobei Graz mit seinen drei Krankenhäusern künftig als ein Leitspital gerechnet werden soll.

Welche Häuser wegfallen sollen, wird bei der groß inszenierten Präsentation in der Grazer Stadthalle nicht öffentlich genannt. Kolportiert werden unter anderem Rottenmann, Bad Aussee, Schladming, Knittelfeld. Die betroffenen Spitäler sollen erst nach sieben Regionalkonferenzen feststehen. Der Prozess soll ähnlich der Gemeinde-Strukturreform ablaufen, die 2010 startete und mit Jahresanfang 2015 umgesetzt wurde. Im Frühjahr 2017 will die Koalition den neuen Gesundheitsplan beschließen, dessen erste Etappe bis 2025 umgesetzt werden soll.

Nicht zu gewinnen

"Die Spitalsstrukturen sind hundert Jahre alt", erinnert Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP). Er macht deutlich, dass am Ende der Debatte eine Entscheidung stehen wird, allen wahrscheinlichen Protesten gegen die Spitalsschließungen zum Trotz: "Das Problem in Österreich ist, es gibt zu viele Politiker, die nur auf die Schlagzeile des nächsten Tages schielen. Mit Gemeinde- oder Spitalsreform kannst da aber nichts gewinnen."

Die Steiermark soll damit erneut zum Vorreiter werden, hofft Schützenhöfer. Doch rechtlich bewegt man sich auf dünnem Eis: So können sich Ärzte nur freiwillig in Zentren zusammenschließen. Und auch das Mariazeller Modell läuft nur als Versuch, erinnert Bürgermeister Seebacher. "Es gibt kein Gesetz dafür. Aber wichtiger ist, dass es kein Gesetz dagegen gibt."

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