Ärzte sammeln Unterschriften für Turnus in Lehrpraxen

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Mediziner fordern, dass junge Doktoren verpflichtend ein Jahr lang neben dem Spital auch in Ordinationen ausgebildet werden.

Seit 1989 ist Roman Artner auch Lehrherr: Der Allgemeinmediziner aus Lieboch in Graz-Umgebung bildet Jungärzte aus, die einen Teil ihres Turnus bei ihm absolvieren statt im Spital.

„Ich bin begeistert von meinem Beruf. Ich möchte, dass junge Ärzte auch die Erfahrung bekommen, einen Patienten vor Ort, im häuslichen Umfeld zu sehen“, begründet der Steirer sein Engagement, das er sich auch selbst einiges kosten lässt: Rund 40 Turnusärzte hatte er bereits für sich, doch nur für drei gab es eine Förderung. Und auch die macht weniger aus als die eigentlichen Kosten: 8000 Euro Zuschuss gibt es vom Staat. Doch einen jungen Kollegen sechs Monate zu beschäftigen, kostet rund 18.000 Euro.

Artner ist einer jener Ärzte, die hinter der Petition zur verpflichtenden einjährigen Lehrpraxis stehen. „Jungärzte lernen nicht mehr die Diagnostik mit allen fünf Sinnen, weil man sich im Spital auf die Apparate verlässt“, betont Artner. „Wir aber diagnostizieren mit Gesprächen, mit Händen.“

Andere Seite

Eine Methode, die Puja Parvin nun lernt. Seit vier Monaten ist er bei Artner in der Ordination und steht damit fast am Ende seiner Turnuszeit.

Der 31-Jährige wollte unbedingt in einer Lehrpraxis arbeiten. „Ich wollte die andere Seite des Gesundheitssystems kennenlernen“, erklärt er. „Man sieht hier das soziale Umfeld der Patienten, Behandlungserfolg oder Nicht-Erfolg. Es ist viel facettenreicher. Das hat man im Spital nicht.“

Parvin ist jedoch einer unter wenigen, die freiwillig sechs Monate in eine Ordination gehen: Von derzeit 6565 Turnusärzten in ganz Österreich arbeiten aktuell nur 245 bei einem niedergelassenen Arzt.

50.000 Unterschriften wollen die Betreiber der Petition zusammenbringen. Dahinter steckt der Wunsch nach einer neuen Medizinerausbildung, aber auch die Furcht vor Ärztemangel: In der Steiermark sei mittlerweile jeder zweite niedergelassene Arzt zwischen 50 und 59 Jahre alt. „Die Öffentlichkeit muss informiert werden, dass sie in einigen Jahren vielleicht keine Allgemeinmediziner mehr hat“, warnt Roman Artner.

www.garantierte-lehrpraxis.at

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