Sozialprojekt: "Zu uns kommen arme Menschen und keine Kriminellen"

Bei der "Team Österreich Tafel" gibt es kostenlose Lebensmittel
Im Grazer Bezirk Geidorf ist die "Tafel" für kostenlose Lebensmittel nicht erwünscht.

"Es hat uns am falschen Fuß erwischt", gibt Michael Moser, Geschäftsführer des Roten Kreuz Graz, offen zu. "Wir haben nicht damit gerechnet, dass so massiv gegen ein Sozialprojekt mobilisiert wird."

Vom Bezirk Liebenau sollte die "Team Österreich Tafel" in den Bezirk Geidorf übersiedeln, in die innenstadtnahe Uni-Gegend: Dort legen sich aber Anrainer quer, auch der ÖVP-Bezirksvorsteher hält den Umzug für fehl am Platz. "Der Standort passt nicht, das darf man ja auch einmal sagen", begründet Gerd Wilfling. "Wir sind jetzt mitten in der Diskussion, die Geidorfer sind sich zu fein dafür. Aber so stimmt das nicht. Das ist ein klein strukturiertes Wohngebiet."

Zu klein

In einer ehemaligen Werkshalle in der Lehargasse soll die "Tafel" einziehen, bestätigt Moser einen entsprechenden ORF-Bericht. Dort sei mehr Platz, die Halle ebenerdig mit überdachten Wartemöglichkeiten. Anders als am derzeitigen Standort in Liebenau: Dort müssten die Lebensmittel zwei Stockwerke nach oben getragen werden, damit die Kunden sie dann wieder nach unten bringen. Anstellen müssen sich die Menschen im Freien. Außerdem sei die Fläche zu klein: Als man vor fünf Jahren anfing, kamen rund 150 Grazer an den Samstagnachmittagen und stellten sich um kostenloses Brot, Obst oder Gemüse an. Mittlerweile sind es rund 400.

Die Debatte sorgt auch im Rathaus für Wirbel. KPÖ-Vizebürgermeisterin Elke Kahr mahnt, dass Armut immer mehr zum Problem werde. "Davor kann man auch in Geidorf nicht die Augen verschließen." Hanno Wisiak, KPÖ-Vize-Bezirksvorstand in Geidorf, ärgert sich über seltsame Argumente gegen das Projekt: Da hätten in den Info-Versammlungen Anrainer Angst um ihre Parkplätze oder vor Müll geäußert. "So zu tun, als würden alle Bedürftigen mit dem SUV vorfahren, ist schäbig. Wenn tatsächlich herumliegende Papierln das Problem sind, lässt sich das sicher lösen."

Rot-Kreuz-Chef Moser könnte sich Ordnerdienste vorstellen, wenn das die Situation entspannen würde. Doch mehr als die Debatte um Müll und Platz störe ihn ein "unterschwelliger Ton", der bei den Veranstaltungen mitgeschwungen sei. "Wegen der Klientel, dass es da auch um Ausländer geht. Das war das Synonym für kriminell." Aber die Leute, die zur "Tafel" kämen, seien "arme Menschen und nicht kriminell".

Plan verschoben

Das Rote Kreuz verschiebt vorerst die Übersiedlung, obwohl die Halle in Geidorf längst gemietet ist. "Wir wollen mit unseren Nachbarn gut zusammenleben", betont Moser. "Aber es ist auch so, dass wir den Menschen helfen wollen, die uns brauchen." Deshalb werde überlegt, zwei kleinere Ausgabestellen einzurichten, also jene in Liebenau zu behalten und in Geidorf zusätzlich aufzumachen. Start könnte dann Anfang des kommenden Jahres sein.

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