So verglühte "Stern des Südens"

Mit Tomaten und Eiern wurden Hans Sima und Gattin Lia am 29. Oktober 1992 in der "Abstimmungsstadt" Völkermarkt beworfen.
Hans Sima musste vor 40 Jahren als Folge des Ortstafelkonflikts als Landeshauptmann abtreten.

Der 12. April 1974 ist in der Kärntner Politik ein besonderer Tag. Denn erstmals war ein Landeshauptmann zum Rücktritt gezwungen worden. Die Rede ist von Hans Sima, der von den Ereignissen rund um die zweisprachigen Ortstafeln regelrecht hinweggespült worden war. Der Kärntner Historiker und Dozent für Zeitgeschichte an der Universität Graz, Hellwig Valentin, hat das in seinem Buch "Am Rande des Bürgerkrieges – Der Kärntner Ortstafelkonflikt 1972 und der Sturz Hans Simas" eingehend auf wissenschaftlicher Basis niedergeschrieben. Er hat tausende Quellen studiert und zugleich die erste politische Biografie des einstigen Kärntner "Landesfürsten" in Buchform erstellt, der oft als "Stern des Südens" bezeichnet wurde (was er auch gerne hörte). Als damaliger Leiter des Landespressedienstes gewinnen Valentins Ausführungen an Authentizität.

Verzichtserklärung

So liest es sich: Sima zögerte die Abgabe seiner Verzichtserklärung (auf die die SPÖ seit Monaten gedrängt hatte) gegenüber dem Landtagspräsidenten bis zum letzten Moment hinaus und sorgte dadurch weiterhin für Spannung. In einem Anfang April ausgestrahlten Fernsehinterview stellte Sima klar, dass er "sich selbst gestellte Verpflichtungen" einzuhalten gedenke und termingerecht aus dem Amt ausscheiden werde. Am 12. April 1974, einem Freitag, trat Sima, wie angekündigt, von seinem Posten als Landeshauptmann von Kärnten zurück. Der 10. April war der letzte Tag, den Sima in seinen Amtsräumen verbrachte. Am Vormittag besuchten ihn die Generalkonsuln von Jugoslawien und Italien in Kärnten. Bojan Lubej dankte Sima für seine Bemühungen um die Erfüllung von Artikel 7 des Staatsvertrages. Am darauffolgenden Tag begab sich Sima mit seiner Gattin zu einem mehrwöchigen Urlaubsaufenthalt nach Südtirol. Am frühen Vormittag des 12. April überbrachte Simas Sekretär Herbert Scheiber auftragsgemäß das Demissionsschreiben dem Landtagspräsidenten Rudolf Tillian. Darin führte Sima seinen Rücktritt auf die Widerstände gegen das Ortstafelgesetz zurück: "Ein in Übereinstimmung mit allen zuständigen Organen und der Bundesregierung erfolgter Lösungsversuch ist über Aktivitäten der Intoleranz gescheitert. Ich habe nun daraus die Konsequenzen zu ziehen." Er sei "nach wie vor" überzeugt, dass dieser Weg "notwendig und richtig" gewesen sei. Eine Einsicht in begangene Fehler ließ Sima nicht erkennen. Nach der Übergabe des Rücktrittsschreibens betraute der Landtagspräsident den designierten Sima-Nachfolger Leopold Wagner mit der Funktion des geschäftsführenden Landeshauptmannes (die Wahl im Landtag erfolgte am 19. April 1974).

Distanz der Partei

So verglühte "Stern des Südens"
Buch Hellwig Valentin "Am Rande des Bürgerkrieges" von R. Cijan per Email 8.4.2014
Simas Sturz als Parteivorsitzender am 19. Mai 1973 und sein erzwungener Rücktritt als Landeshauptmann sind die spektakulärste Konsequenz aus dem Scheitern der Ortstafelpolitik Simas. Auch wenn Sima nicht müde wurde, zu behaupten, die Verantwortung sei bei der Bundesregierung und Kanzler Bruno Kreisky gelegen, strich er bei jeder Gelegenheit die "Verdienste seiner Person in der Ortstafelfrage" heraus.

Abgehobenheit, autoritären Neigungen, ausgeprägte Eitelkeit, hartes Vorgehen gegen Kritiker, antiquierte Einstellung gegenüber Medien, rigide Art der Machtausübung vor allem im Personalbereich und massive SPÖ-Verluste bei den Kommunalwahlen 1973 waren weitere Gründe, warum sich die Partei schließlich von Sima distanzierte. Die Zeit eines Politikers seiner Art war vorbei. Kreisky prägte einen neuen, modernen Politstil. Ihm konnte selbst die Mitverantwortung für das Scheitern der Ortstafellösung nichts anhaben.

Hans Sima wurde am 4. Juni 1918 in Saifnitz (Camporosso) im einstigen Kärntner Kanaltal als Sohn von deutsch-slowenischen Bauern geboren. 1923 siedelte die Familie nach St. Veit/Glan. Sima erlernte den Kaufmannsberuf und engagierte sich bei den Roten Falken. Die Zugehörigkeit zur Sozialdemokratie brachte ihn 1935 für sechs Monate hinter Gitter. 1938 wurde er in den Landesdienst aufgenommen. Nach der Heimkehr vom Krieg wechselte er in die SPÖ, wo er bis 1956 Landesparteisekretär war. Politische Funktionen übte er im Landtag und Bundesrat aus, ehe er 1956 in die Regierung wechselte. 1965 löste er Ferdinand Wedenig als Landeshauptmann ab. Sima verstarb am 7. Oktober 2006.

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