Skandalagentur wird zum Kriminalfall

Ressortchef Jörg Leichtfried löste die Behörde auf.
Leiter der Dienststelle suspendiert / Rechnungshof stellte Unstimmigkeiten fest.

Die Bundesanstalt für Verkehr versinkt im Chaos. Nachdem erst vor wenigen Monaten deren Auflösung beschlossen worden war, wurde am Freitag der Leiter der Skandalagentur, Hofrat Gerald Pöllmann, suspendiert – immerhin unter Caspar Einem ein ehemaliger Kabinettsmitarbeiter zunächst im Innen- und später im Verkehrsministerium. Ihm wurde der Zugang zu den Räumlichkeiten der Bundesanstalt untersagt, Schlüssel, Mobiltelefon und Laptop wurden ihm abgenommen.

Voraussichtlich kommende Woche wird das Verkehrsressort Anzeige erstatten. Der Rechnungshof habe "finanzielle Unstimmigkeiten" entdeckt, teilt ein Sprecher von Verkehrsminister Jörg Leichtfried mit. Über die Schadenshöhe und die konkreten Vorwürfe wolle man keine Auskunft geben. Auch würden noch Unterlagen fehlen, die der Rechnungshof gefunden habe und noch nicht übermitteln konnte. Dass sofort eine Suspendierung in der heiklen Causa ausgesprochen wurde, ist ein Hinweis auf mutmaßlich massive Verdachtsmomente.

Skandalagentur wird zum Kriminalfall
Bundesanstalt für Verkehr
Peinliches Detail: Die Korruptionsstaatsanwaltschaft hatte zu Jahresbeginn wegen Verdachts des Amtsmissbrauchs gegen mehrere hochrangige Mitarbeiter der Bundesanstalt für Verkehr ermittelt, das Verfahren allerdings überraschend rasch wieder eingestellt.

Die Affäre

Der Rechnungshof wurde offenbar fündig, ähnlich wie der KURIER, der die ganze Sache vor einem Jahr ins Rollen brachte: Unter dem Titel "Schlamperei auf Schiene" wurde Mitte Juni 2016 erstmals über Unregelmäßigkeiten bei der Untersuchung von Zugsunfällen berichtet.

Später stellte sich heraus, dass offenbar auch Berichte zu tödlichen Flugzeugabstürzen manipuliert oder unterdrückt wurden. Mehrere ehemalige Mitarbeiter des Bundesanstalt erheben teils schwerste Vorwürfe, so soll es sogar eine Art internes Belohnungssystem geben haben. Die Skandalagentur war außerdem de facto mit einer Privatfirma verschmolzen, wobei eine Trennung teilweise nicht bemerkbar war. Privatpersonen bekamen offizielle Ausweise und Ministeriumsmailadressen. Nach und nach begannen sich auch die Behörden zu interessieren.

Die Neos stellten ein Dutzend parlamentarische Anfragen und brachten weitere Indizien ans Licht. "Endlich scheint sich etwas in die richtige Richtung zu bewegen", meint Neos-Mann Rainer Hable. Sowohl ihm, als auch dem KURIER liegen Hinweise vor, wonach weit mehr (namentlich bekannte) Personen in mögliche "Unstimmigkeiten" verwickelt sein könnten. Bis zu siebenstellige Summen werden genannt. Weiteren Anzeigen sind nicht ausgeschlossen. Die Staatsanwaltschaft Wels ermittelt gegen einen weiteren hochrangigen BAV-Mitarbeiter.

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