"Signal: Behaltet euren Dreck"

17 Gramm HCB enthalten jene 7000 Heuballen, die keinen Abnehmer finden.
Greenpeace ortet rechtliche Probleme bei Lagerbewilligung und Haltbarkeit der Folien.

Niemand wollte Kärnten im Jahr 2016 den in Brückl lagernden und mit Hexachlorbenzol (HCB) kontaminierten Blaukalk abnehmen. Im Fall des HCB-Heus von Klein St. Paul wiederholt sich nun die Geschichte. Während die Umweltorganisation Greenpeace vor rechtlichen Problemen und den Folgen für die Umwelt im Görtschitztal warnt, ortet eine Psychologin in dem Vorgehen ein fatales Signal für die Bevölkerung vor Ort.

Vier mögliche Interessenten zur Verwertung der 7000 Ballen des leicht mit HCB belasteten Heus gab es bereits: Unternehmen aus Asien, Oberösterreich, Niederösterreich und der Steiermark. Weil aber jeweils besorgte Bürger gegen den symbolischen Import des Kärntner Giftskandals mobil machten, lagern die 4000 Tonnen Futtermittel nach wie vor beim "w&p"-Werk in Klein St. Paul. Und dort werden sie, obwohl die behördliche Genehmigung mit 31. Jänner 2018 ausläuft, weiter lagern, wie das Land Kärnten mangels Alternativen in Aussicht stellte.

Wer ist zuständig?

"Bisher ist gar nicht geklärt, ob das Land oder das Umweltbundesamt für die Bewilligung einer Verlängerung zuständig sind. Rein rechtlich gilt das w&p-Firmengelände derzeit als Zwischenlager, nach drei Jahren endet diese Frist – dann müsste ein Endlager geschaffen werden und dieser Bereich ist definitiv nicht dafür geschaffen", gibt Greenpeace-Chemiker Herwig Schuster zu bedenken.

Auch ist fraglich, wie lange die Folien, in denen das Heu verpackt ist, die Umwelt vor Belastungen abschirmen. "Ein paar Monate ist die Sache schon sicher. Aber bald wird das Material durch Witterungseinflüsse spröde, die Ballen müssten dann aufgeschnürt und neu verpackt werden", warnt Schuster.

Zu Spekulationen, das Heu könnte in Rumänien oder Kroatien landen, meint er: "Diese Länder haben in Sachen Abfallverwertung nicht unseren Standard. Ich befürchte, dass das Trockengras dort an Pferde verfüttert wird." Es im Görtschitztal zu deponieren, sei aber " aus psychologischer Sicht für die Bevölkerung nicht zumutbar."

Renata Dohr, ihres Zeichens Psychologin und Psychotherapeutin, gibt ihm Recht. Schon die aktuelle Notlösung einer Verlängerung der Lagerungsbewilligung sei für die Bürger "das Signal: ihr seid selbst an diesem Umweltskandal schuld. Also behaltet euren Dreck", erklärt Dohr.

Richtiger Umgang

Die gebürtige Tschechin wohnt seit 25 Jahren in Klein St. Paul. "Mit Blick auf das Zementwerk", wie sie hinzufügt. Die Menschen im Tal würden mit dem Skandal prinzipiell richtig umgehen. "Sie schließen Ohren und Augen, wollen nicht darüber sprechen. Gut so, denn ansonsten würden sie verrückt."

Die ungelöste Heu-Problematik würde ihnen alles wieder vor Augen führen. "Die Bürger fühlen sich von den Behörden im Stich gelassen – wie bei den Asbestose-Fällen, wie bei HCB, wie bei der Frage der Verwertung des Blaukalks, auf dem sie ja auch sitzen bleiben (die Deponie der Donau-Chemie wird derzeit versiegelt, Anm.) und wie bei den gesundheitlichen Folgen, die durch HCB drohen."

"Keine Aufklärung"

Dohr ist nach Bekanntwerden der Causa im Jahr 2014 selbst für Zufallstestungen der Behörden auf HCB ausgewählt worden. "Man hat mir mitgeteilt, dass ich erhöhte Werte im Blut habe. Aber wie viele Görtschitztaler warte ich noch auf Aufklärung, was das eigentlich für meine Gesundheit bedeutet."

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