Sicherheit: Im Einsatz gegen den schlechten Ruf
Der alte Herr wirkt etwas verloren auf dem hektischen Platz vor dem Hauptbahnhof. "Da drüben, da gibt’s ein Kaffeehaus", rät Bernhard Schenner, und der Pensionist bedankt sich.
Mehr Auskunfts- als Amtsperson ist der Chefinspektor in dem Moment. "Wenn jemand kommt und sagt, da ist eine Straßenlaterne kaputt oder eine Parkbank, dann versuche ich, mit den Zuständigen Kontakt aufzunehmen", sagt der Polizist. "Obwohl ich für Straßenlaternen nicht da bin."
Stadt schaut anders aus
Kaum einen Kilometer lang ist die Strecke in eine Richtung, doch ihr folgt ein schlechter Ruf, medial und in der öffentlichen Wahrnehmung. Massenschlägerei dort, (Klein-)Drogenhandel mit Haschisch da. Menschen aus sogenannten Randgruppen, die tagsüber im Park oder beim Bahnhof herumlungern, weil sie sonst nirgendwo hinkönnen: "Das Erscheinungsbild der Stadt hat sich in dem Bereich verändert. Das kann verunsichern und Angst machen, obwohl eigentlich nicht mehr passiert als in anderen Teilen der Stadt", beschreibt Andreas Weiland. "Aber die subjektive Wahrnehmung ist halt etwas anderes." Tatsächlich sinkt die Kriminalität in Graz (siehe Faktenbox), abgesehen vom Drogenhandel. Die Aufklärungsquote generell steigt.
Weiland leitet die Plattform "Gemeinsam sicher" in Graz, die den Einsatz von Polizisten wie Schenner und Metzler koordiniert. "Aber eigentlich ist man als Polizist da schnell am Ende, weil vieles, was auftaucht, ein soziales Problem ist."
Aus der Schmuddelecke
Vom Volksgarten ausgehend starteten Polizei wie auch Private gemeinsam die ersten Projekte, um das subjektive Sicherheitsgefühl zu heben. Als Erstes sollte der Park aus der Schmuddelecke herauskommen, damit Anrainer ihn nicht länger meiden: Es werden Deutschkurse für junge Asylwerber angeboten, gemeinsam spielen sie mit Anrainern Tischtennis. Der Magistrat versucht, den Park optisch sicherer zu gestalten. Jüngster Coup ist eine intelligente Beleuchtung: Parklaternen mit Sensoren und Mikrofonen, die heller strahlen, sollte etwa jemand zu schreien beginnen.
42 Minuten. Das war das längste Gespräch, das eine Mitarbeiterin der Grazer Ordnungswache bisher führte: Seit vor einem Monat das "Heimweg-Telefon" freigeschaltet wurde, haben sich 21 Grazer dort gemeldet. Nicht nur Frauen, sondern auch drei Männer.
700-mal wurde die zum Service gehörende App auch schon auf Smartphones geladen, berichtet Projektleiter Wolfgang Hübel vom Magistrat Graz. Freitag- und Samstagnacht sowie an den Abenden vor Feiertagen ist das Telefon besetzt, jeweils ab 23 Uhr ( 0316 / 872 22 77). Drei Mitarbeiter der Ordnungswache "begleiten" jene Menschen durch die Dunkelheit, die sich ängstigen. "Eine junge Frau hat die Bus-Nightline verpasst und ist zu Fuß durch die Stadt gegangen", schildert Hübel. "Das kürzeste Gespräch war mit einer Dame, die durch einen dunklen Hinterhof gegangen ist, in dem das Licht ausgefallen ist."
Für Österreich sind solche telefonischen Begleit-Services neu, in deutschen und schwedischen Städten gibt es sie bereits. Damit soll Menschen, die sich alleine in der Dunkelheit mulmig fühlen, Hilfe angeboten werden. "Wenn man sich sicherer fühlt, ist auch die Körpersprache eine andere", begründet Hübel. "Ein möglicher Täter, der beobachtet, lässt einen dann vielleicht auch in Ruhe. Wenn man telefoniert, kann man ja gleich um Hilfe rufen."
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