Rechtsextreme mit Hang zur Inszenierung

Zahlreiche Studenten filmten die Störaktion der Identitären mit ihren Handys
Störer der Klagenfurter Vorlesung mittels Handy-Videos ermittelt. Samstag Demo in Wien.

In Klagenfurt stürmten die Identitären eine Vorlesung, in Wien gehen sie heute auf die Straße. Die "letzte Generation", wie sich selbst bezeichnen, die die "westliche Welt" und deren ethnische Durchmischung noch retten kann. Rund 200 Aktivisten dürften die Identitären, die als Verein eingetragen sind, in Österreich haben. Vom Nationalsozialismus distanzieren sie sich. "Sie geben sich als die netten Rechten von nebenan", sagt Kathrin Glösel, Buchautorin und Mitglied des Mauthausen-Komitees. Also harmlose Burschen, die sich gern mit smartem Lächeln und Sonnenbrillen zeigen? "Sie haben sich zunehmend radikalisiert", beschreibt Glösel. Der Verfassungsschutz nennt sie "rechtsextrem".

Schwarz-weiß

Mit ihren Auftritten sorgen die Identitären für große öffentliche Resonanz. Gewollt. Denn die Inszenierung ist es, von der sie leben. Ihre Aktionen filmen und fotografieren sie und stellen sie sofort online. Ihre Werbefilme sind in Schwarz-Weiß gehalten, dazu kommen monumentale Musik und starke Worte. "So wurden aus den Flüchtlingen erst Asylwerber und dann Asylforderer", beschreibt Glösel. Refugees machten sie zu "Rapefugees" (rape: vergewaltigen, Anm.).

Ideen holen sie sich aus Hollywood-Filmen. Ihr Symbol, das Lambda, kommt etwa im Film "300" vor, in dem 300 muskelbepackte Spartaner gegen die Perser kämpfen. In jüngster Zeit gehen sie vermehrt auf Konfrontation: Bei der Stürmung der Aufführung von "Die Schutzbefohlenen" im Audimax der Uni Wien kam es zu einem Handgemenge. Auch bei Demonstrationen gab es Übergriffe. Zufall?

Daran glaubt Glösel nicht. Neben Sommerlagern in Frankreich werden auch Kampfsport-Kurse für Mitglieder angeboten. "Die Einschüchterung der Gegner", sagt Glösel, ist gewollt. Und sie wirkt: Der Vortrag der Autorin im Büro der Grünen in der Wiener Josefstadt stand unter Polizeischutz.

Nun bekommen es die Identitären mit dem Kärntner Verfassungsschutz zu tun, der nach der Störaktion an der Klagenfurter Uni die Ermittlungen aufgenommen hat. Zahlreiche Studenten hielten den Zwischenfall während der Ringvorlesung "Flucht, Asyl und Migration" mit ihren Smartphones für die Nachwelt bzw. für die Verfassungsschützer fest.

"Das Bild- und Videomaterial wird gesichtet. Die meisten der zehn bis zwölf Mitglieder waren unvermummt, daher gibt es konkrete Hinweise und Namen", sagt der Leiter des Verfassungsschutzes, Helmut Maier. Die Identitären bestätigen, dass Luca Kerbl, Ex-Obmann der FPÖ im Grazer Bezirk Lend, in Klagenfurt mit dabei war.

Ermittelt werde gegen die Gruppe wegen Nötigung, gefährlicher Drohung und versuchter Körperverletzung. Ob auch das Delikt der Verhetzung vorliege, werde geprüft, betont Mayer, der die Überwachung des Uni-Workshops "Integration und Medien" am Montag ankündigte.

Anzeige gegen Rektor

Rektor Oliver Vitouch wurde bei dem Vorfall mit einem Schlag in den Bauch attackiert. Die Identitären erstatteten jedoch am Freitag selbst Strafanzeige gegen Vitouch: "Der Rektor hat bei einer Rangelei einen Kollegen im Gesicht getroffen. Dieser blutete aus dem Mund", sagt Identitären-Sprecher Patrik Lenart.

Vitouch meinte in einem Mail an Studenten, der Versuch der Aktivisten, die Werte der Uni zu attackieren, werde ihnen nicht gelingen. Daniel Wutti, der die Lehrveranstaltung "Inklusionsbegleiter" leitet, glaubt, dass die Aktivisten "mit dieser Aktion nur Werbung für die Demo in Wien machen wollten".

Am Samstag treffen sich die Identitären um 14 Uhr am Urban-Loritz-Platz und ziehen über die Hütteldorfer Straße nach Schönbrunn. 1000 Teilnehmer sind angemeldet. Außerdem finden Gegendemos der "Offensive gegen Rechts" und des "No-Fascism-Bündnisses" sowie elf Kundgebungen statt.

Kommentare