Prozess gegen zwei mutmaßliche Dschihadisten gestartet

Der 29-Jährige wurde zu 20 Monaten bedingter Haft verurteilt.
Ein Marokkaner und ein Algerier sollen zwei Dschihadisten unterstützt haben, die offenbar Teil des Netzwerkes der IS-Attentäter von Paris waren.

Unter hohen Sicherheitsvorkehrungen ist am Mittwoch in Salzburg ein Prozess gegen zwei mutmaßliche Dschihadisten gestartet. Laut Anklage beteiligten sich der 26-jährige Marokkaner und der 41-jähriger Algerier an der Terrororganisation "IS", indem sie jene zwei Männer unterstützten, die im Dezember 2015 in Salzburg festgenommen wurden und offenbar Teil des Netzwerkes der IS-Attentäter von Paris waren.

Knapp ein Dutzend vermummte Polizisten führten die zwei Beschuldigten in den Verhandlungssaal des Landesgerichtes Salzburg. Die Angeklagten verhielten sich ruhig, sie beteuerten ihre Unschuld. Der 41-Jährige bekannte sich nur zu einem Nebenaspekt, zum Vorwurf des Drogenkonsums, für schuldig. Der 26-Jährige erklärte auf Nachfragen seines Verteidigers, dass er niemals mit der Terrororganisation " Islamischer Staat" (IS) sympathisiert habe, der "IS" würde unschuldige Menschen ermorden, sagte er zu dem Vorsitzenden des Schöffensenates.

Mit Paris-Anschlägen in Verbindung gebracht

Das Duo wurde am 18. Dezember 2015 in einem Flüchtlingslager an der Münchner Bundesstraße in der Stadt Salzburg festgenommen. Dort sollen sie auf die beiden mit den Paris-Anschlägen in Verbindung gebrachten Flüchtlinge, den Algerier Adel H. (29) und den Pakistaner Muhammad U. (35), getroffen sein. Diese waren bereits acht Tage zuvor, am 10. Dezember, in Salzburg festgenommen worden. H. und U. stehen im Verdacht, "IS"-Anschläge in Frankreich vorbereitet zu haben. Sie wurden Ende Juli 2016 nach Frankreich ausgeliefert. Bei den Anschlägen in Paris am 13. November 2015 wurden 130 Menschen getötet und 352 verletzt.

Der 26-jährige Marokkaner und der 41-jährige Algerier sind im Herbst 2015 als Flüchtlinge von Griechenland über die Balkanroute nach Österreich gekommen. Der Staatsanwalt wirft ihnen vor, sie hätten sich spätestens ab November 2015 in Salzburg wissentlich an der terroristischen Vereinigung und kriminellen Organisation "Islamischer Staat" (IS) beteiligt. Sie sollen die beiden anderen mutmaßlichen Jihadisten in Salzburg psychologisch unterstützt und in ihrem Vorgehen bekräftigt haben. Zudem wird ihnen vorgeworfen, sie hätten für die beiden Männer Informationen beschafft und Kontakte hergestellt.

Scouts unter den Flüchtlingen

Der 26-Jährige soll dem Staatsanwalt zufolge dem "IS" als eine Art Pfadfinder gedient haben. Solche Scouts seien von der Terrororganisation in den Flüchtlingsströmen mitgeschickt worden, um herauszufinden, welche Routen nach Europa möglich seien. "Diese Rolle passt zu dem Erstangeklagten", sagte der Staatsanwalt. In Salzburg habe der Mann eine Verbindung zu Adel H. gesucht, um weitere Kontakte - vor allem über Handynummern - zum Terrornetzwerk zu knüpfen, denn diese seien nur Schritt für Schritt erfolgt.

In dem Flüchtlingslager in Salzburg soll unter den mutmaßlichen Jihadisten auch eine SIM-Karte mit - für den "IS" wichtigen - Datenträgern ausgetauscht worden sein. Die Daten dienten offenbar zur Informationsquelle für kleinere Terrorgruppen, um sich dem Netzwerk in Frankreich anzuschließen. Die algerische SIM-Karte wurde dann in dem Handy eines mutmaßlichen "IS"-Kuriers gefunden, der derzeit in Österreich in Haft sitzt.

26-Jährige schwörte "bei Gott" die Wahrheit zu erzählen

Doch die Angeklagten stellten eine Terror-Verbindung in Abrede. Warum seine algerische Handynummer auf dem Handy von Adel H. gespeichert war, konnte der 41-Jährige nicht erklären. Er habe legal nach München zu seinem Onkel fahren wollen, doch dann habe er doch wieder zu seiner Mutter nach Hause reisen wollen, rechtfertigte er seine Reisetätigkeiten in Europa.

Der 26-Jährige wiederum schwörte "bei Gott" die Wahrheit zu erzählen. Er gab auf konkrete Fragen des vorsitzenden Richters allerdings unkonkrete, oftmals ausweichende Antworten und verstrickte sich auch in Widersprüche. Telefonnummern, die auf seinem Handy gespeichert waren, ordnete er beispielsweise Freunden von Verwandten zu. Teils seien die Nummern deshalb auf seinem Handy zu finden gewesen, weil er sein Handy in dem Flüchtlingslager anderen Mitbewohnern zur Verfügung gestellt habe.

Er sei von einer Mitarbeiterin des Camps gebeten worden, anderen zu helfen, beteuerte der Erstangeklagte. Er selbst habe zunächst einen Antrag auf Asyl in Österreich gestellt. Aber weil er nach Deutschland wollte, zog er den Antrag wieder zurück, schilderte er. Die deutschen Behörden hätten ihn an der Grenze allerdings wieder zurück nach Österreich geschickt. Den Zweitangeklagten habe er erst im Flüchtlingscamp in Salzburg kennengelernt, erklärte der 26-Jährige.

Urteil steht noch nicht fest

Warum er denn überhaupt geflüchtet sei, wenn er doch in Marokko ein Restaurant und ein Geschäft geführt habe, wollte der Vorsitzende von dem 26-Jährigen wissen. "Seit meiner Kindheit habe ich geträumt in Europa zu leben. Endlich wollte ich meine Träume verwirklichen", antwortete der Marokkaner. Zunächst habe er zu Frauen nach Polen und Frankreich reisen wollen, doch das habe nicht geklappt. Schließlich habe er sich entschlossen, bei einem Freund seines Bruders in Deutschland Unterschlupf zu finden. Die Mobil-Telefonnummer von Adel H. habe er deshalb auf seinem Handy, da dieser sein eigenes Handy in dem Camp einstellen habe wollen und ihn gebeten habe, ihn anzurufen.

An den Angeklagten wurde auch Geld aus Frankreich und Deutschland über Western Union nach Salzburg überwiesen. Das Geld aus Frankreich sei nicht für ihn bestimmt gewesen, sondern für einen Mitbewohner des Camps, sagte der 26-Jährige. Ob noch heute ein Urteil gesprochen wird, steht noch nicht fest.

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