Prozess: 21-Jähriger soll Kellnerin erstochen haben
Im fortgesetzten Prozess gegen einen 21-jährigen Salzburger, der eine 19-jährige Kellnerin am 8. Oktober 2014 in Saalfelden mit 50 Messerstichen getötet haben soll, ist am Dienstag erneut die Frage beleuchtet worden, ob der Angeklagte tatsächlich innere Stimmen gehört hat. Gerichtsgutachter Ernst Griebnitz konnte keine Wahnerkrankung erkennen, Privatgutachter Reinhard Haller allerdings schon.
Die beiden renommierten Sachverständigen sind bei der Untersuchung des Angeklagten zu gegensätzlichen Ergebnissen gelangt. Haller hat im Auftrag von Verteidigerin Liane Hirschbrich ein Gutachten erstellt, das aber von dem Schwurgericht am Landesgericht Salzburg unter Vorsitz von Richterin Bettina Maxones-Kurkowski nicht zugelassen worden ist. Auf Antrag der Verteidigerin wurde die Zeugenbefragung Hallers aber zugelassen. In seiner Expertise hatte er dem 21-Jährigen eine schwere psychische Erkrankung, eine paranoid halluzinatorische Psychose und eine Zurechnungsunfähigkeit attestiert. Der Facharzt für Psychiatrie durfte heute aber nur darüber Auskunft geben, welche Wahrnehmungen er über den Beschuldigten während der privaten, rund vier Stunden dauernden Befundaufnahme in der Justizanstalt Salzburg im Sommer gemacht hat.
"Er war verschlossen und sehr verängstigt, er hatte Angst, verfolgt und vergiftet zu werden", sagte Haller auf die Frage der Vorsitzenden, welche Themenbereiche er mit dem Angeklagten besprochen hat. So hatte der junge Mann Angst, sein Essen in der Justizanstalt könnte vergiftet sein, und dass ihm während einer Blinddarmoperation ein Sender "eingepflanzt" worden sei. Der Angeklagte sei völlig eingeengt gewesen, er habe von Stimmen gesprochen, die er höre, schilderte Haller.
Gutachter-Streit
"Auf mich hat er den Eindruck gemacht, dass er ratlos ist und sich zum Tatzeitpunkt nicht ausgekannt hat. Ich hatte nicht den Eindruck, dass er zu diesem Zeitpunkt das Wissen eines Satanisten gehabt hat, er ist dem ratlos gegenüber gestanden", erklärte Haller. Er habe wahrgenommen, dass der 21-Jährige "fast wahnhaft von einer Angst besessen war". Im Laufe des Gesprächs habe sich gezeigt, dass der Angeklagte nicht nur Zeichen einer Persönlichkeitsstörung aufweise.
Im Gegensatz zu dem Privatgutachter geht Griebnitz, der im Auftrag der Staatsanwaltschaft das neuro-psychiatrische Gerichtsgutachten erstellt hatte, sehr wohl von einer Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten zum Tatzeitpunkt aus, auch wenn diese durch eine Persönlichkeitsstörung eingeschränkt gewesen sei. Griebnitz hielt heute seine Aussage vom ersten Verhandlungstag am 31. August "voll inhaltlich aufrecht", wie er erklärte. Er sei nach der insgesamt rund eineinhalb Tage dauernden Exploration zu dem Ergebnis gekommen, dass keine Wahnerkrankung bei dem Beschuldigten vorliegen könne. Es sei untypisch, dass jemand, der Wahnvorstellungen hat, sich selbst als krank erlebe. Der 21-Jährige habe eine Neigung zu einem manipulativen Verhalten, konstatierte Griebnitz.
Der Angeklagte wurde anschließend von der Vorsitzenden befragt, ob er seine Angaben vom ersten Prozesstag aufrechterhält. Er meinte damals, "Stimmen haben gesagt: Wenn ich kein Opfer bringe, dann bin ich der nächste", und gestand nicht nur die grausame Tötung, sondern auch, dass er Leichenteile gegessen hat. Staatsanwältin Karin Sperling sprach von einer "regelrechten Hinrichtung". Seine Aussage revidierte der 21-Jährige heute nicht. Emotionslos antwortete er der Richterin: "Es bleibt so, wie es ist."
Beziehung
Es sollen noch Polizisten als Zeugen befragt werden. Weiters sollen einige Zeuginnen Auskunft darüber geben, ob der Angeklagte etwa eifersüchtig auf die 19-Jährige gewesen ist - die Kellnerin war mit Unterbrechungen seine Freundin. Der Prozess wird auf 18. November vertagt: Kriminalpsychologe Thomas Müller wird nochmals zum Thema "Overkill" befragt, weil laut dem gerichtsmedizinischen Gutachter Sebastian Kunz ein "Overkill" beim Täter nicht zwangsläufig vorlag.
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