Prognose für Graz: "Die größte Gruppe werden die Nichtwähler sein"

Bürgermeister Siegfried Nagl legte mit 5. Februar den frühestmöglichen Wahltermin fest
ÖVP will mit Sport-Ass trumpfen, SPÖ muss die Bekanntheit ihres Chefs steigern.

Der Gemeinderat löst sich per Beschluss selbst auf, doch die Gemeinderäte machen weiter. Klingt paradox, ist aber Grazer Stadtstatut.

Zunächst wurden Donnerstagmittag die Neuwahlen in Graz in einer eigenen Sondersitzung einstimmig abgesegnet, was rein rechtlich und recht verwirrend als "Selbstauflösung des Gemeinderates" tituliert wird. Zwei Stunden danach arbeiteten die selben Mandatare in einer regulären Sitzung die Tagesordnung ab. Unter anderem beschlossen sie ein Budgetprovisorium, damit die Stadt finanziell über den Jahreswechsel kommt.

Am 5. Februar wird somit in Graz gewählt, neun Monate früher als geplant. Das ist nötig, weil keine Mehrheit für ein reguläres Budget 2017 zustande kommt. Doch wem nützt das? Politologen wagen keine Prognose, außer der, dass FPÖ-Chef Mario Eustacchio zu den Wahlsiegern gehören wird. "Mit Sicherheit kann man nur sagen: Die größte Gruppe werden die Nichtwähler sein. Und ein Plus für die FPÖ ist vorhersagbar", analysiert Peter Filzmaier. Die Blauen seien bei den Kommunalwahlen 2012 mit 13,8 Prozent der Stimmen unter ihrem bundes- oder landesweiten Potenzial gelegen.

Etablierte KPÖ

Politikwissenschaftler Klaus Poier von der Uni Graz sieht das ähnlich: "Überall gibt es den Trend zur FPÖ. Ich würde mich wundern, wenn das in Graz anders wäre." Doch die Wähler in Graz votieren gerne ungewöhnlicher als sonstwo: 20 Prozent der Stimmen heimsten die Kommunisten mit Elke Kahr ein, die damit hinter der ÖVP (33,7 Prozent) auf dem zweiten Platz landete. "Die KPÖ hat es geschafft, eine etablierte Größe zu werden", überlegt Peter Filzmaier. "Für Existenzängste hat sie keinen Grund."

Daran dürfte schon eher die SPÖ knabbern. Die Partei, die lange den Bürgermeister stellte, stürzte 2012 auf 15,3 Prozent ab. Spitzenkandidat Michael Ehmann ist erst seit April SPÖ-Obmann, der sechste innerhalb von sechs Jahren übrigens. Er muss gegen einen geringen Bekanntheitsgrad kämpfen und tut das fürs Erste mit einer Plakatserie: Graz für alle lebenswerter gestalten. Das ist meine Vision, lautet eine seiner unverbindlichen Ansagen.

Bleibt Siegfried Nagl. Der 53-Jährige tritt zum vierten Mal als Spitzenkandidat an. "Nagl ist die Marke der ÖVP in Graz. Alles andere ist Beiwerk und Schmuck für die Medienarbeit", befindet Filzmaier und spielt auf den jüngsten Zuwachs an: Nagl freut sich darüber, dass "der Bürgermeister eine Weltmeisterin" auf seine Seite geholt habe. Marion Kreiner, WM-Siegerin im Snowboarden. Die 35-Jährige soll aber nicht die einzige Quereinsteigerin auf der schwarzen Liste bleiben.

Nach dem Wahltag ist Nagl nicht so frei mit Entscheidungen: Auch wenn sich der ÖVP-Obmann eine "fixe Koalition" wünscht, herrscht doch das Proporzprinzip im Stadtsenat jede Fraktion, die eine gewisse Prozentstärke erreicht, regiert. Derzeit sitzen dort sieben Vertreter von fünf Parteien: ÖVP, KPÖ, SPÖ, FPÖ und Grüne.

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