Pkw-Lenker sind größte Gefahr für Biker

Mehr als ein Viertel der schweren Motorradunfälle werden von Autofahrern ausgelöst.
Mehr als ein Viertel der schweren Motorradunfälle werden von Autolenkern verursacht.

Von vergangenem Wochenende bis gestern, Freitag, starben fünf Motorradfahrer bei Unfällen. Laut Innenministerium verloren heuer bis 31. Juli 56 Krad-Fahrer ("Krad" ist das amtliche Kürzel für Motorräder, Kleinmotorräder und Mopeds) ihr Leben auf Österreichs Straßen. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es 58 Todesopfer. Doch 2015 war das Wetter freundlicher und mehr Biker waren auf den Straßen.

Wegen des hohen Blutzolls untersuchte das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) 101 Unfälle mit Motorrad-Beteiligung. Das Ergebnis sorgte für eine Überraschung: Mehr als ein Viertel (27,7 Prozent) dieser Unfälle mit Toten und Verletzten ging nicht auf das Konto der Zweirad-Fahrer. Unaufmerksame und überforderte Pkw- und Lkw-Lenker, sowie Fahrer von landwirtschaftlichen Maschinen missachteten die Verkehrsregeln und lösten so die Tragödien aus.

ARBÖ-Forderung

Grund genug für den ARBÖ, Forderungen an den Gesetzgeber zu richten. Generalsekretär Gerald Kumnig erklärt: "Diese Zahlen zeigen, dass in Zukunft in den Kursen für den B-Schein, das Verkehrsmittel Zweirad verstärkt eingebunden werden muss." Auch für ÖAMTC-Motorrad-Fahrinstruktor Georg Scheiblauer sind die 27,7 Prozent der unverschuldeten Unfälle mit Zweirädern zu hoch: "Diese Statistik überrascht mich . Das hätte ich in diesem Ausmaß nicht gedacht. Man muss mit neuen Strategien die Autofahrer erreichen."

Pkw-Lenker unterschätzen das Tempo der Motorräder, verletzen oft den Vorrang, sehen die Bikes zu spät und schauen viel zu selten in den Rückspiegel, sagen die Experten. Scheiblauer bestätigt: "Österreichs Autofahrer sind ganz schlechte Rückspiegel-Nutzer."

Pkw-Lenker sind größte Gefahr für Biker
Im Verkehrsministerium sind die erschreckenden Zahlen bekannt. Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) kündigt ab Herbst Maßnahmen an: "Ein wesentlicher Schwerpunkt der Ausbildung wird künftig das Thema ,Perspektivenwechsel‘ sein; also die Rücksichtnahme auf andere Verkehrsteilnehmer. Das beinhaltet, dass sich Pkw- wie Lkw-Fahrer mit dem Motorrad-Verhalten auseinandersetzen." Auch die Verleihung des Gütesiegels für Fahrschulen soll künftig von dieser Ausbildung abhängen.

Image hinterfragen

Für ARBÖ-Chef Kumnig gehört auf Basis dieser Statistik das Image der Motorradfahrer hinterfragt: "Der Eindruck, dass nur Tempobolzer, Rowdys oder mit dem schweren Gerät überforderte ältere Herren im Sattel sitzen, erscheint jetzt in einem anderen Licht." Trotzdem gilt unangepasste Geschwindigkeit der Biker gemeinsam mit den Fahrfehlern der Autolenker nach wie vor als Unfallursache Nummer eins (siehe Grafik).

Ein weiterer wichtiger Grund, warum immer mehr Autolenker in Unfälle mit Zweirädern verwickelt sind, liegt in der überhand nehmenden Ablenkung von der Fahrt. Navi, Telefonieren und SMS-Schreiben lassen den Lenkern immer weniger Spielraum, um auf gefährliche Situationen im Straßenverkehr zu reagieren. Und ältere Autofahrer rechnen – vor allem im Stadtverkehr – nicht mit den schnellen Zweirädern.

Auch bei der Moped-Ausbildung soll es Verbesserungen geben. Folgende Neuerungen kündigt Verkehrsminister Jörg Leichtfried an: "Die Schwerpunkte bei der Prüfung werden deutlich in Richtung Risikoabschätzung und Sicherheit gehen. Der praktische Teil soll weg vom Übungsplatz hin auf die Straße, um mehr Realitätsnähe zu gewährleisten." Die theoretische Prüfung soll, wie in den meisten anderen EU-Ländern, als standardisierte Prüfung am Computer stattfinden.

Neben dem Ministerium entwickelte die Wirtschaftskammer (WKO) neue Anregungen für den Moped-Führerschein (Klasse AM). Der auffälligste Vorschlag ist, dass die Ausbildung später erfolgen soll. Derzeit darf man die Ausbildung zum AM-Führerschein mit 14,5 Jahren beginnen. Die WKO regt an, den Start erst ab 15 Jahren gesetzlich zu verankern. Zusätzlich soll die Theorie-Ausbildung modernisiert werden. Dabei fordert die Kammer vor allem eine Schulung betreffend der Risikokompetenz.

Weiters wird verhaltene Kritik am Ausbildungspersonal laut: Im Maßnahmen-Katalog der Wirtschaftskammer wird auch eine Qualitätssicherung beim Ausbildungspersonal angeregt.

Von Jahresbeginn 2014 bis 31. Juli 2016 kamen in Österreich insgesamt 19 Mopedlenker bei Unfällen ums Leben.

Kommentare