Pipeline: Lange vor Gasexplosion gewarnt

Die Untersuchung der Explosion soll in die Sicherheitsvorschriften vergleichbarer Anlagen einfließen
Bürgerinitiativen und Politik wehrten sich vor zehn Jahren gegen Verdichterstationen wie in Baumgarten.

Schon 2007 haben Umweltschützer und Bürgerinitiativen davor gewarnt, was sich vergangenen Dienstag um 8.45 Uhr früh in der Gasverdichterstation in Baumgarten an der March (NÖ) abgespielt hat. Gehör fanden sie damals trotz scharfer Proteste nicht.

Eine 50 Meter hohe Stichflamme und Temperaturen bis zu 1000 Grad Celsius: Die verheerende Gasexplosion mit einem Toten und 21 Verletzten war ein Szenario, auf das schon beim Bau von Verdichterstationen entlang der Trans-Austria-Gaspipeline quer durch Niederösterreich, der Steiermark und Kärnten aufmerksam gemacht wurde.

Im steirischen Weitendorf (Bezirk Leibnitz) liefen Umweltschützer und Projektgegner gegen den Bau der dortigen Station Sturm. Mit einer Studie, die auf die Explosionsgefahr und negative Umwelteinflüsse aufmerksam machte, rüttelten die Steirer auch andere Standorte wach – beispielsweise Eggendorf im niederösterreichischen Bezirk Wiener Neustadt, wo die 95 Millionen Euro teure, 65 Meter lange und 25 Meter breite Station mitten ins Natura-2000-Schutzgebiet errichtet wurde.

Die Gemeinde lehnte damals die Umwidmung des 32.000 Quadratmeter großen Areals ab. Deshalb ging der Öl-Multi OMV den Weg durchs rechtliche Hintertürl. Da Anlagen zur Energieversorgung keine Flächen-Umwidmung brauchen, leitete die OMV eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ohne Zutun der Gemeinde ein. Der Rest ist Geschichte.

Pipeline: Lange vor Gasexplosion gewarnt
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"Neu überlegen"

Seit der Explosion von Baumgarten erscheinen alle Sicherheits-Beteuerungen des Betreibers der Pipeline, der Trans Austria Gasleitung (TAG) in einem neuen Licht. "Es wurde bei der Errichtung immer gesagt, dass so eine Explosion niemals passieren kann. Ich befürchte jetzt nicht, dass unsere gesamte Gemeinde gefährdet ist. Im Umkreis der Anlage gibt es etwa einen Kilometer keine Anrainer. Allerdings muss man sich die Sicherheitsvorkehrungen nach der Explosion in Baumgarten ganz genau ansehen und neu überdenken", erklären Eggendorfs Bürgermeister Thomas Pollak und Landtagsabgeordneter Alfredo Rosenmaier (beide SPÖ).

Ausrüstung

Besonders was die Ausrüstung und Kenntnis der Feuerwehren der Region betrifft, sieht Pollak dringenden Handlungsbedarf. "Man muss überprüfen, wie weit unsere Feuerwehren überhaupt in der Lage sind, so ein Ereignis zu beherrschen". Zumal im kommenden Jahr ein großer Umbau in der Gasverdichterstation bevorsteht.

Die TAG rüstet einige Gasverdichter (Erklärung siehe unten) entlang der Pipeline aus Emissionsgründen auf Elektrobetrieb um. "Gasverdichter stoßen Abgase aus, Elektroverdichter nicht. Aus Umweltschutzgründen und für den flexibleren Betrieb für den Start der Maschinen wird nun aber vermehrt auf abgasfreundlichere Elektroverdichter gesetzt, die mit Strom betrieben werden", erklärt TAG-Unternehmenssprecherin Alexandra Vit-Sardelic.

Krisenstab

Was die Sicherheit anlangt, sei nach der Explosion in Baumgarten sofort der Krisenstab des Unternehmens einberufen worden. "Die Explosion lag allerdings im Bereich der Gas Connect Austria. Es wurden dabei keine Anlagen der Trans Austria Gasleitung beschädigt", so Vit-Sardelic. Daher konnte nach der Totalabschaltung aller Anlagen in Baumgarten bereits am selben Abend wieder die Gaslieferung Richtung Italien hochgefahren werden.

Die Trans Austria Gasleitung der Betreiberfirma TAG besteht seit 1974 mit einer Länge von 380 km und wurde seither kontinuierlich erweitert. Mittlerweile umfasst das Pipeline-Netzwerk eine Gesamtlänge von 1140 km in Form von drei parallel verlaufenden Leitungen. Die Trans Austria Gasleitung führt von der slowakisch/österreichischen Grenze bei Baumgarten bis zur österreichisch/italienischen Grenze im Süden. Mit dem Bau mehrere Verdichterstationen entlang der Strecke wurde die Kapazität deutlich erhöht. Turbokompressoren sorgen für eine Verdichtung des Gases, wodurch die Durchflussgeschwindigkeit erhöht wird. Wegen der Explosion und der stundenlangen Abschaltung der Gaslieferung in den Süden haben Italien 57 Millionen Kubikmeter Gas aus Russland gefehlt, sagt der Chef des italienischen Energiekonzerns ENI, Claudio Descalzi.

Die Verdichterstation Baumgarten teilt sich die TAG mit der Gas Connect Austria. Die Explosion betraf einen Anlagenteil der Gas Connect. Wie mittlerweile feststeht, hatte sich bei der Inbetriebnahme einer Filteranlage ein unter großem Druck stehender Metallteil gelöst. Der mehrere hundert Kilo schwere Verschluss wurde gegen einen anderen Anlagenteil geschleudert, worauf ein Gasleck entstand und es zur Detonation kam.

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