ÖBB rüsten auf: Bodycams für Securitys

Die Bodycams (im Bild ein Gerät bei der Polizei) werden die Sicherheitsmitarbeiter künftig gut sichtbar zwischen Schulter- und Brustbereich tragen. Aufgezeichnet wird bei strafrechtlich relevanten Vorfällen.
50 Mitarbeiter in Wien und Graz tragen Kameras / 211 Übergriffe auf ÖBB-Personal verzeichnet.

Nach den positiven Erfahrungen der Polizei mit den Bodycams rüsten jetzt auch die ÖBB auf. Seit 1. Dezember sind 50 Sicherheitsmitarbeiter mit Kameras – sie sind an der Kleidung befestigt – unterwegs. Eingesetzt werden die kleinen Bodycams am Wiener sowie am Grazer Hauptbahnhof.

Diese Offensive hat einen Hintergrund: Während Diebstähle bei ÖBB-Einrichtungen, aber auch Tätlichkeiten gegen Reisende rückläufig sind, ist im laufenden Jahr bei Übergriffen gegen ÖBB-Securitys ein Anstieg zu verzeichnen. So wurden heuer bis dato 69-mal ÖBB-Securitys angegriffen. Noch schlimmer erging es den Zugbegleitern: Jeder Neunte (142 Personen) war heuer Ziel von tätlichen Attacken.

Neben Mitarbeiterschulungen und verstärktet Security-Präsenz werden daher auf den beiden Hauptbahnhöfen nun auch Bodycams eingesetzt. Vorerst als Pilotversuch, ab 2017 erfolgt dann der Regelbetrieb. Die Geräte sind gut sichtbar an den Uniformen der Mitarbeiter zwischen Schulter- und Brustbereich angebracht, der Kamerakopf ist schwenkbar. ÖBB-Konzernsprecherin Juliane Pamme erklärt: "Die Aktivierung der Bodycams erfolgt nur bei Verdacht auf einen strafrechtlich relevanten Vorfall. Und unsere Securitys müssen die gefilmte Person in Kenntnis setzten, dass die Kamera eingeschalten wird."

Rechtlich sehen die ÖBB keine Probleme. Laut Pamme wurde von der Datenschutzbehörde (DSB) die Genehmigung für den Probebetrieb erteilt. Dort heißt es, dass es sich bei den Bodycams lediglich um eine Ausdehnung der Videoüberwachung mit einem anderen System handle.

Gesetzliche Grundlage

Anders sieht das Johann Maier, Vorsitzender des beim Bundeskanzleramt eingerichteten Datenschutzrates: "Meine persönliche Einschätzung ist, dass für die Verwendung von Bodycams bei privaten Securitys eine gesetzliche Grundlage fehlt", sagt er im Gespräch mit dem KURIER.

Bei einer Genehmigung durch die Datenschutzbehörde befürchtet er, dass künftig auch andere Firmen mit ähnlicher Argumentation an die DSB herantreten werden. Ihnen müsste man die Verwendung dann auch genehmigen. "Ich halte es aber für unverhältnismäßig, wenn die Überwachung für das Sicherheitsgewerbe freigegeben wird." Eine rechtliche Grundlage könnte hingegen mit einem Bundesgesetz für das private Sicherheitsgewerbe geschaffen werden.

Ins selbe Horn bläst Datenschützer Georg Markus Kainz vom Verein "Quintessenz". "Der Träger allein entscheidet, wann er die Kamera einschaltet." Im Zweifel stehen die Aufnahmen dann auch nur für den Wachschutz zur Verfügung. Und: "Wir wissen auch nicht, was mit dem Videomaterial geschieht." Securitys seien zudem keine Staatsdiener wie Polizeibeamte. Er plädiert dafür, die Aufnahmen zu verschlüsseln und den Code gegebenenfalls der Sicherheitsfirma und dem Betroffenen zur Verfügung zu stellen.

Abseits von Datenschutzbedenken scheint der Bodycam-Einsatz sein Ziel zu erfüllen. Nicht nur die Polizei berichtet von sinkendem Eskalationslevel bei Einsätzen, auch bei der Deutschen Bahn ist man zufrieden. Dort werden die kleinen Kameras seit vergangenem Sommer getestet. Laut Medienberichten habe sich gezeigt, dass die Zahl der Übergriffe zurückgeht.

Seit März werden in Wien, Salzburg sowie der Steiermark Polizeieinsätze mit an der Uniform befestigten Kameras, sogenannten Bodycams, dokumentiert. Die Probephase läuft noch bis Februar 2017. Sollte sich das System bewähren, denkt das Innenministerium an einen bundesweiten Einsatz – vor allem in Städten und in Regionen mit hoher Kriminalitätsrate. Aktuell filmen 20 Geräte (zwölf in Wien, je vier in Salzburg und der Steiermark) die Amtshandlungen. Bis jetzt zeigt sich die Exekutive begeistert.

Polizeisprecher Paul Eidenberger erklärt, warum: „Wenn die Bodycams eingeschaltet sind, sinkt der Eskalationslevel. Die Amtshandlung pendelt sich auf der sachlichen Ebene ein.“ In der Realität muss der Beamte die kontrollierte Person vorwarnen, dass gefilmt wird. Wenn das rote Licht an der Minikamera aufleuchtet, geht vielen Randalierern oder Alkoholisierten schnell ein Licht auf. Denn ab jetzt wird die Amtshandlung – auch für nachfolgende Gerichtsverhandlungen – aufgezeichnet.

Die Polizeispitze sieht einen weiteren Vorteil: Denn auch die Vorgehensweise der Polizisten wird dokumentiert. Misshandlungsvorwürfe können somit bewiesen oder entkräftet werden. Die Videos werden sechs Monate gespeichert, die Staatsanwaltschaft kann die Aufzeichnungen anfordern.

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