Nach Panne: Grabstein-Tourismus in Villach

Passanten zücken Handys und fotografieren Reste der Grabstein-Inschriften
Bürger sind sich einig: Die falsch verlegten Pflastersteine sollen bleiben.

Gebückt schlendern Passanten beim KURIER-Lokalaugenschein über den Hans-Gasser-Platz in der Villacher Innenstadt. Die Augen sind wie bei Schwammerlsuchern auf den Boden gerichtet. Dann, ein Moment des Verharrens. Man geht in die Hocke und hält das Entdeckte mit dem Handy fest: Zahlen, Buchstaben – eine Grabinschrift.

Ist es pietätlos oder originell? Ist hier ein Schandfleck oder ein Kunstprojekt entstanden? Für jede Menge Diskussionsstoff sorgten in den vergangenen Tagen jene 57 Grabsteine, die irrtümlich bei der Neugestaltung des Platzes mit der Inschrift nach oben verlegt wurden. Die Villacher sprechen sich nun klar für die Beibehaltung des Status quo aus.

"Man kann keinen vollen Namen entziffern, daher sehe ich kein Problem", erklärt Walter Romauch. Der Tourist aus Graz ist aufgrund der Medienberichte auf die Story aufmerksam geworden und sah sich die Sache vor Ort an. "Es gibt einen regelrechten Grabsteintourismus", sagt Lukas Lenz vom "Cafe Stern". "Mich wundert nur, dass der Fehler beim Verlegen der Steine niemandem aufgefallen ist. Jetzt sollte man da aber nichts mehr ändern", erwähnt Wayne Fawkis. "Ein neu gestalteter Platz ist im Gespräch – das wird ihn beleben", ist Erika Horn aus Villach überzeugt. "Schlimm wäre es, wenn man hier die Namen von Verwandten entziffern könnte. Ich verstehe die Aufregung nicht", erklärt der Villacher Manfred Eis.

Die gab es vergangene Woche auf Facebook, weil Passanten die Grabinschriften vor der Eröffnung des Platzes entdeckt hatten. Stadtplanungsreferent Harald Sobe (SPÖ) hatte erst den baldigen Austausch der betroffenen Platten angekündigt, rudert aber nun zurück. "Das stört die Bevölkerung offenbar nicht", sagt er. Bei der verantwortlichen Baufirma Porr wolle man sich dennoch schadlos halten. Sobe: "Obwohl der Abschlag nicht hoch sein wird: wir sprechen von 900.000 Euro an Kosten für 47.000 Steine, von denen 57 falsch verlegt wurden." Gängige PraxisPorr stellte konkret 3000 Euro in Aussicht. Auf die Frage, ob bei solchen Bauprojekten üblicherweise Grabsteine Verwendung finden würden, erklärte der technische Porr-Niederlassungsleiter Paul Lamprecht: "Laut unserem Steinlieferanten werden gebrauchte Natursteine verschiedenster Herkunft bezogen und recycelt – das schont Ressourcen und kommt der Umwelt zugute."

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