Murkraftwerk: Verfassungsjurist steht hinter Volksbefragung

Die Proteste gegen das Kraftwerk gehen weiter
Laut Heinz Mayers Gutachten ist die Ablehnung der Stadt Graz rechtlich nicht haltbar.

Das Murkraftwerk in Graz-Puntigam und eine nicht abgehaltene Volksbefragung darüber waren bekanntlich die Auslöser für die Neuwahlen in drei Wochen. Die Gegner des Projekts bekommen jetzt Unterstützung: Verfassungsrechtler Heinz Mayer hält es für rechtlich unhaltbar, dass die Befragung von der Stadt abgelehnt wurde.

Die Plattform "Rettet die Mur" hat die nötigen Unterschriften gesammelt, um eine Volksbefragung zu beantragen. Doch der Gemeinderat wies sie ab. Unter anderem mit der Begründung, dass das 80-Millionen-Euro-Bauwerk nicht in den Aufgabenbereich der Stadt falle. Schließlich sei jemand anderer Bauträger.

Rechtslage verkannt

Mayer sieht das jedoch konträr. "Der Gemeinderat verkennt die Rechtslage",fasst der Jurist in seinem Gutachten zusammen: In seiner von der Plattform beauftragten Expertise kommt er zur Feststellung, dass die Stadt Graz die beantragte Volksbefragung über das Projekt umsetzen hätte müssen. Denn nicht nur Belange des eigenen Wirkungsbereiches einer Gemeinde könnten abgefragt werden, sondern "alle die Gemeinde betreffenden politischen Entscheidungen und Planungen".

Mayer entkräftet auch einen weiteren Kritikpunkt der Stadt. Es hatte geheißen, die eingebrachte Frage sei nicht konkret genug gewesen. "Die Formulierung ist eindeutig", legt sich Mayer fest. "Sie erfasst unmissverständlich sämtliche zum Bau noch zu treffenden Maßnahmen." Konkret hieß es im Antrag: Soll die Stadt Graz in ihrem eigenen Wirkungsbereich zum Murkraftwerk beitragen?

Plattform-Sprecher Clemens Könczöl fordert aus diesem Grund erneut, dass der Anfang Jänner begonnene Bau sofort gestoppt werden muss. "Kein Politiker hat das Recht, den Menschen eine demokratische Volksbefragung zu nehmen." Gegen den Abweisungsbescheid der Stadt hat die Plattform vor einem Monat berufen, der Fall liegt beim Landesverwaltungsgericht. Dessen Juristen haben maximal sechs Monate Frist, zu entscheiden.

Geteilte Reaktionen

Die politischen Reaktionen fallen entsprechend der Einstellung zum Kraftwerk aus, ÖVP, SPÖ und FPÖ sind dafür, KPÖ und Grüne dagegen. "Es gibt eine Volksweisheit, zwei Juristen, drei Meinungen", kommentiert ÖVP-Stadtchef Siegfried Nagl. "Faktum bleibt, dass die Unterschriften jahrelang nicht eingebracht wurden und daher alle Entscheidungen schon gefallen sind."

KPÖ-Chefin Elke Kahr sieht sich dagegen bestätigt: "Es geht hier nicht um juristische Fragen, sondern darum, dass man die Bevölkerung einfach nicht fragen will." Tina Wirnsberger, Grüne, fordert ebenfalls einen Baustopp. "Demokratie darf nicht willkürlich für die eigenen Ziele zurechtgebogen werden."

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