Murkraftwerk: Morddrohungen gegen Spitzenpolitiker

Die Rodungen haben Montag begonnen
Der Verdächtige wurde gefasst: Er war einst Jurist im Landesdienst. Widerstand gegen das Projekt in Graz geht weiter, Polizei überredete Aktivisten auf dem Gelände zum Aufgeben.

„Jetzt gehen wir vor seine Wohnung“, soll ein Steirer auf seiner Facebook-Seite geschrieben und die Privatadresse Christian Purrers, Vorstand der Energie Steiermark (kurz ESTAG), veröffentlicht haben. Und damit nicht genug: Er dürfte zweimal gedroht haben, die bekanntesten Befürworter des umstrittenen neuen Murkraftwerkes im Grazer Bezirk Puntigam zu töten. Unter ihnen die Spitzen der Landes- und der Stadtpolitik: ÖVP-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, SPÖ-Vize Michael Schickhofer, ÖVP-Stadtchef Siegfried Nagl und eben auch ESTAG-Chef Purrer.

Gestern, Mittwoch, wurde der Mann gefasst, das bestätigen Betroffene, aber auch die Landespolizeidirektion Steiermark. Der 58-Jährige soll die Briefe seit Dezemer verfasst haben: Er sei Gegner des Bauwerks, begründete er.

Brisant dabei: Der mittlerweile pensionierte Steirer soll selbst in den 1990-er Jahren im Landesdienst tätig gewesen sein und zwar über den damaligen Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS), bei dem er einige Zeit lang auch als Richter fungiert habe. Danach sei sein Vertrag nicht mehr verlängert worden und er nicht mehr für eine Landesbehörde tätig gewesen, hieß es Donnerstag seitens der Landesregierung.

Protest geht weiter

Die Polizei hat am Donnerstagnachmittag mehrere auf das Baustellengelände des Murkraftwerks Puntigam vorgedrungene Gegner zum Aufgeben überredet. Eine Frau hatte sich an einem Seil über dem Fluss festgehalten. Drei andere Demonstranten hatten sich an Bäume gekettet. Letztere verließen nach Aufforderung das Gelände, die Frau wurde von Polizisten abgeseilt und in einem Feuerwehrboot aufgenommen.

Verschiedene Umweltschutzgruppen hatten am Donnerstag ihren Widerstand gegen den geplanten Bau in Graz-Puntigam fortgesetzt. Die meisten hielten sich außerhalb des Baustellengeländes auf, die Polizei schätzte ihre Anzahl auf rund 30, wie ein Beamter zur APA sagte. Allerdings habe auch ein Kommen und Gehen geherrscht.

Die drei Aktivisten waren am frühen Nachmittag aufgefordert worden, das Gelände zu verlassen. Sie kamen dem nach ein paar Minuten nach. Die Frau hingegen, die an einem über der Mur gespannten Seil hing, wurde von "mit Seiltechniken vertrauten Beamten des Einsatzkommandos Cobra" abgeseilt, sagte der Polizist. Darunter wartete ein Boot der Grazer Berufsfeuerwehr, um sie aufzunehmen und sicher ans Ufer zu bringen.

Grüne für politische Nachdenkpause

Gegen Protest im Umfeld des Projekts sei nichts einzuwenden, sagte ein Sprecher der Energie Steiermark zur APA, "aber auf der Baustelle sind wir für die Sicherheit verantwortlich". Die für den Bau erforderlichen Rodungen seien auch weitgehend abgeschlossen, sagte der Sprecher. Der Gemeinderatsklub der Grazer Grünen sprach sich in einer Aussendung für "einen Baustopp und eine politische Nachdenkpause" aus.

Laut der Initiative "Murcamp" versuchten seit Mittwochabend rund 40 Aktivisten im Bereich des Puchsteg und des Skaterpark die ihrer Ansicht nach "Umweltzerstörung" durch Baumrodungen zu verhindern. Dabei stieß man sich an der Vorgangsweise der Angehörigen des Sicherheitsunternehmens, die ihrerseits die Proteste im Bauareal und am Murufer zu verhindern versuchten. Man überlege, Anzeige zu erstatten, hieß es in einer Stellungnahme von "Murcamp".

Offizieller Baubeginn war bereits am 2. Jänner; mit den Rodungen wurde Montag begonnen, einen Tag nach den Grazer Kommunalwahlen, die für Projektbefürworter ÖVP erfolgreich waren.

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