Mozart soll ein Schwabe werden

Mozart soll ein Schwabe werden
Augsburg in Bayern macht der Stadt Salzburg den Titel als "Mozartstadt" streitig.

Man merkt es gleich, hier stimmt was nicht. Mozarthaus steht zwar in goldenen Lettern auf dem rot gestrichenen Gebäude im Zentrum der „Mozartstadt“ – doch davor tummeln sich keine Koreaner, Kameras oder Konzertkarten-Verkäufer. Auf dem Straßenschild steht nicht Getreidegasse, sondern Frauentorstraße, und anstelle von alten Zunfthäusern reihen sich eine geschlossene Schlecker-Filiale, ein geräumtes Bingo-Lokal und ein pinkfarbener Thai-Massage-Salon um Mozarts Geburtshaus.

Zur Erklärung: Wir sind in Augsburg, nicht in Salzburg.

Und im Haus wurde Vater Leopold geboren, nicht Sohn Wolfgang Amadeus.

Googelt man Augsburg, erhält man die Treffer „Religionsfriede“ (im Jahr 1555), „Puppenkiste“ (Marionettentheater) und „Wurst“ (Bratwurst). Mozart scheint nicht auf. Das soll sich ändern. Zumindest, wenn es nach den Plänen von Augsburgs Kulturschaffenden und Wirtschaftstreibenden geht. „Ziel der Stadt ist es, Mozart als Dachmarke für Augsburg zu etablieren“, sagt Johannes Boecker, Geschäftsführer des neuen Musikfestivals Mozart@Augsburg, dessen Büro noch nach frischen Möbeln riecht. „Mozart ist schließlich einer der bekanntesten Namen weltweit. Für Amerikaner und Asiaten ist das ein Argument, nach Augsburg zu kommen.“

Also veranstaltet man nun Konzerte und Violinen–Wettbewerbe, organisiert Stadtrundgänge auf den Spuren der „schwäbischen Familie“ Mozart (etwa Wolferl, Wunderkind und Lausbub) und verkauft im Souvenirshop des Mozarthauses Wolfgangs Konterfei auf Magneten, Puppen, Spieluhren und Enten. Ab September wird man den Salzburger Mozartkugeln auch mit einer eigenen Mozarttorte Konkurrenz machen, „um Salzburg etwas entgegenzusetzen“, wie Johannes Boecker sagt. Auch Manschettenknöpfe und Sitzkissen sind in Planung.

Luther, Brecht & Mozart

„Lutherstadt Augsburg“ nennt sich die Stadt im Südwesten Bayerns, da hier 1530 das „Lutherische Bekenntnis“ übergeben wurde.

Auch mit „Brechtstadt“ schmückt man sich, weil Schriftsteller Bertolt Brecht da 1898 geboren wurde.

(Roy Black verbrachte übrigens seine Jugend in Augsburg, diesbezüglich hat man aber keine Ambitionen.)

Mit Mozart hat man sehr wohl große Pläne. Augsburg sei die wahre Mozartstadt, hört man hier immer wieder. Salzburg, wo er zur Welt kam und aufwuchs, habe er doch nicht leiden können, sagt man; zu klein, zu konservativ, zu katholisch. In Augsburg aber, da sei er bei seinen Besuchen immer glücklich gewesen – und hier hatte er als 21-Jähriger auch sein erstes erotisches Abenteuer mit seiner 19 Jahre alten Cousine Maria Anna Mozart.

Für den Historiker Josef Mancal liegt gar das Geheimnis von Mozarts Erfolg in Augsburg, „nicht in Salzburg oder irgendwo sonst.“ In Augsburg kam sein Vater Leopold im Jahr 1719 zur Welt; er war es, der – geprägt vom Geist der Aufklärung in der freien Reichsstadt – seinen Sohn Wolfgang wie kein anderer förderte und formte.

„Ein PR-Genie“

Leopold war sein Entdecker und Erzieher, sein Musiklehrer und Manager. Er plante akribisch und strategisch dessen Karriere; er prägte in Zeitungsannoncen die Bezeichnung „Wunderkind“, mit der er den Buben auf Konzert-Tournee durch 200 europäische Städte schickte; und er änderte dessen zweiten Vornamen Gottlieb in Amadeus, weil dies die Chancen auf dem italienischen Markt erhöhen sollte. „Leopold Mozart war ein PR-Genie und hat nichts dem Zufall überlassen“, sagt Mozart@Augsburg-Geschäftsführer Johannes Boecker. Selbst das „spontane“ Auf-den-Schoß-Setzen samt Bussi bei Kaiserin Maria Theresia sei vorbereitet gewesen. „Mozart mag in Salzburg geboren worden sein, aber Augsburg hatte mehr Einfluss auf ihn.“

In Salzburg blickt man der neuen Konkurrenz gelassen entgegen. „Allein die Ankündigung macht aus Augsburg noch keine Mozartstadt“, sagt Bert Brugger, Chef von Salzburg-Tourismus. Und überhaupt: Jede Erwähnung des Namens Mozart sei gut für Salzburg. „Also hoffe ich, dass die Mozarttorte auch gut schmecken wird.“

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