Mit 100 km/h gegen Mauer: Pensionist wollte mit kranker Ehefrau sterben

(Symbolbild)
Vier Jahre teilbedingte Haft für Steirer, der mit der Pflege überfordert war. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

"In guten wie in schlechten Zeiten", zitiert der Staatsanwalt das bekannte Ehegelöbnis. Der Angeklagte beginnt zu weinen: Der 70-Jährige ist wegen Mordes vor Gericht - er soll mit seiner Frau auf dem Beifahrersitz mit dem Auto gegen eine Hausmauer gerast sein.

Er habe gemeinsam mit seiner Frau sterben wollen, gibt der Oststeirer zu: Mit der Pflege seiner schwer demenzkranken Ehefrau sei er schlicht überfordert gewesen. 48 Jahre war das Paar verheiratet, seit 2012 litt die 68-Jährige an Demenz. 2016 verschlechterte sich ihr Zustand immer mehr: "Sie hat verlangt, bring’ mich nach Hause. Ich hab’ mir gedacht, jetzt mach’ ich’s", schildert der Steirer. Genickbruch, ein Sekundentod, das sei sein Plan gewesen: Mit 100 km/h raste er gegen ein Haus.

Tod nach zwei Monaten

Doch beide überlebten den Unfall, die 68-Jährige starb aber zwei Monate später an einem Blutgerinnsel: Es ist laut Gerichtsmediziner als Folge jener Operation entstanden, die wegen der schweren Unfallfolgen nötig war. Das sei ein "klassischer Kausalzusammenhang", führt der Sachverständige Donnerstag im Grazer Straflandesgericht aus.

Für den Ankläger ist klar: Die Tat war geplant, das bewiesen auch die abmontierten Kopfstützen im Pkw. Dass der Pensionist durch die Pflege überfordert war, sei offensichtlich. Aber "die schlechten Zeiten dürften nicht mit einer Gewalttat beendet werden". Der Verteidiger sieht in seinem Mandanten und der Verzweiflungstat jedoch einen "Kollateralschaden eines Pflegesystems".

Die Geschworenen bekommen bei diesem Prozess mehrere Fragen gestellt: Mord, versuchter Mord oder Totschlag? Einstimmig entscheiden sie für versuchten Totschlag: Vier Jahre Haft, 33 Monate davon bedingt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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