Millionenschaden durch Navi-Mafia

Millionenschaden durch Navi-Mafia
Airbags und Navis aus Tausenden Neuwagen beim Transport nach Österreich gestohlen.

Die Sicherheitsverantwortlichen des Milliardenkonzerns Volkswagen sind mit ihrem Latein am Ende. Eine hervorragend organisierte Automafia hat einen neuen Einkommenszweig gefunden. Seit 2013 werden im großen Stil die Neuwagen-Transporte von Deutschland nach Österreich ausgekundschaftet und aus den fabrikneuen Fahrzeugen die Navigationsgeräte, Airbags und andere Teile ausgebaut. In bereits mehr als 200 Angriffen wurden jedes Mal zwischen zehn und 50 Fahrzeuge auf diese Art und Weise geplündert. Erst beim Abladen der Autos in den Auslieferungslagern in Österreich setzt es die böse Überraschung. Die neue Masche bedeutet für die Automobilhersteller, allen voran die Volkswagen-Gruppe, einen Millionenschaden.

Polizeigipfel

Bei einem Gesprächsgipfel zwischen Ermittlern der SOKO-Kfz und des Bundeskriminalamtes, des Automobilriesen und ausländischen Behörden kürzlich in Salzburg wurde über eine gezielte Aktion gegen die Navi-Mafia beraten.

"Das Ganze hat vereinzelt vor einigen Jahren begonnen. Beim Abladen der Fahrzeuge im Auslieferungslager in Wr. Neustadt fehlten hin und wieder die Multimedia-Geräte", erklärt ein führender Kriminalist. Anfangs tappten die Ermittler im Dunkeln und glaubten, dass die Diebstähle vor Ort begangen wurden, bis man begann, die Fälle genauer zu untersuchen. Als sich 2013 die Vorfälle massiv häuften, griff man in die ermittlungstaktische Trickkiste. "Über die Bordelektronik der Fahrzeuge konnten wir genau feststellen, zu welchem Zeitpunkt die Navis ausgebaut und von der Batterie genommen wurden", so ein Ermittler.

Millionenschaden durch Navi-Mafia
Autoknacker,Neue Masche

Das Zeit-Weg-Diagramm ergab, dass die Tatorte an bestimmten Bahnhöfen in Deutschland und der Stadt Nymburk in Tschechien liegen. Die heimischen Ermittler informierten ihre Kontaktbeamten im Ausland über den Ermittlungsfortschritt. Beim Bundeskriminalamt (BK) will man über die weitere Vorgangsweise aus ermittlungstaktischen Gründen kein Wort verlieren. "Kein Kommentar", heißt es von BK-Sprecher Mario Hejl. Laut Insidern liege es nun jedoch an der Polizei in Deutschland und Tschechien, die Autozüge verstärkt zu überwachen.

"Es ist richtig, dass wir gerade mit Fahrzeugen der Marke Volkswagen massiv betroffen sind", bestätigt der Pressesprecher der Porsche-Holding in Salzburg, Richard Mieling.

Nach seiner Auskunft wurden von den Autozügen beim Transport pro Jahr durchschnittlich 200 Navigationsgeräte alleine aus den Volkswagen-Modellen gestohlen – 90 Prozent aus Pkw und zehn Prozent aus Nutzfahrzeugen. Laut Mieling verschärft sich die Situation sogar noch: "Es weitet sich auch auf andere Teile wie Scheinwerfer, Airbags und Lenkräder aus. Wir sind aber mit den Ermittlungsbehörden in Verbindung und um Lösungen bemüht."

Der Handel mit gestohlenen Autoersatzteilen hat sich in den östlichen Nachbarländern und am Balkan zu einem lukrativen Geschäftsmodell entwickelt. Laut heimischen Ermittlern werden die Multimedia-Geräte mit Navis, Scheinwerfer, Airbags und vieles mehr über ansässige Händler oder weltweit über das Internet vertrieben.
Dass gerade Navigationsgeräte des Volkswagen-Konzerns bei den Kriminellen so beliebt sind, hat mehrere Gründe. Zum einen liegt es daran, dass sich Fahrzeuge die serienmäßig kein Navi eingebaut haben, im Nachhinein ohne großen Aufwand nachrüsten lassen.

Allerdings glauben Spezialisten der SOKO-Kfz, dass einigen Abnehmern der Hehlerware eine böse Überraschung ins Haus steht. Für gewöhnlich müssen Navis der Volkswagen-Gruppe beim Wiedereinbau mit einem mehrstelligen PIN-Code entsperrt werden. „Wer sich also so ein gestohlenes Gerät über das Internet bestellt und dann einbauen möchte, der hat vermutlich Pech“, schildert ein Kriminalist. Ohne Code sind die Geräte wertlos und wer versucht, sich das Navi in einer Vertragswerkstätte einbauen zu lassen, wird vermutlich auch sein blaues Wunder erleben. „Dort werden die gestohlenen Geräte erkannt“, erklärt ein Ermittler.

Trotz aller Hürden floriert das Geschäft am Schwarzmarkt. Besonders Ersatzteile von hochpreisigen Luxuskarossen stehen hoch im Kurs. Zuletzt war seit Jahresbeginn in Niederösterreich, der Steiermark und Salzburg eine Bande am Werk, die in sechs Autohäusern noble BMW aufbrach und daraus die Navis mitgehen ließ. Ermittler des nö. Landeskriminalamtes verfolgen bereits eine Spur ins Ausland.

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