Mega-Geschäft mit Schrott-Autos

Österreich verliert pro Jahr 50 Millionen Euro an verwertbaren Rohstoffen.

Es ist ein legales Mega-Geschäft, kostet Österreich aber um die 50 Millionen Euro jährlich.

265.000 Pkw wurden im Vorjahr wegen Altersschwäche abgemeldet. 71.000 dieser Rostschüsseln landeten in den Shredder-Pressen der heimischen Verwertungsindustrie. Der Rest wurde von Händlerringen – aus Afrika und Osteuropa stammend – mit fragwürdigen Verhandlungspraktiken im großen Stil aufgekauft. Der Großteil der Wracks wird über Hamburg nach Afrika verschifft. Dort hauchen begnadete Mechaniker den ausrangierten Pkw wieder Leben ein. Ein Millionen-Deal. Denn der aufstrebende Kontinent verlangt nach individueller Mobilität.

Rohstoff-Speicher

Den von Experten geschätzten volkswirtschaftlichen Schaden des Schrottfahrzeuge-Exports von 50 Millionen Euro erklärt Walter Kletzmayr, Chef der Fahrzeugverwerter, so: „Ein Wrack ist ein Rohstoff-Speicher. Eisen und Stahl können wiederverwertet werden. Aber auch Aluminium, Kupfer, Blei und sogar Platin aus Katalysatoren gehen so der heimischen Wirtschaft verloren. Diese Rohstoffe muss die Republik dann teuer importieren.“

Unterstützung kommt von Franz Lückler, Geschäftsführer des steirischen Autoclusters: „Es verschwindet eine wertvolle Ressource, die wir nicht wieder unserer Produktion zuführen können. Wir begeben uns so in eine Abhängigkeit. Zum Beispiel von Asien und China.“

Mega-Geschäft mit Schrott-Autos

Aber nicht nur Österreich kennt dieses Problem. Die meisten EU-Länder verlieren ihre Autowracks an Drittstaaten. Erst im Juni forderte die Industrie – um die Ausfuhr zu stoppen – eine juristisch einheitliche Definition für den Begriff „Altfahrzeuge“. Seitens der Regierung gab es kein Echo. Und weil die Wracks in Drittstaaten exportiert werden, sind – sofern Papiere vorliegen – keine Kontrollen nötig. Das Geschäft unterliegt dem Freien Waren- und Handelsverkehr.

Sogar Umweltexperten des Bundeskriminalamtes sehen indirekt Handlungsbedarf: „Hier werden nicht nur Auto-Leichen exportiert.“

Wie aber kommen die straff organisierten Aufkäufer-Clans zu 190.000 Autowracks im Jahr – immerhin 500 pro Tag? Über hinter Scheibenwischer gesteckte Kontaktadressen und das Internet werden Verkäufer angesprochen. Sonntag standen alleine auf der Internet-Plattform willhaben.at 4500 Schrottautos zwischen 1000 und 2000 Euro zum Verkauf.

Mega-Geschäft mit Schrott-Autos

Einschüchterung

Die Käufer melden sich umgehend und vereinbaren so schnell wie möglich einen Termin. Denn die Konkurrenz in der Branche ist knallhart. Der Ton bei den Preisverhandlungen ist schroff bis einschüchternd und verfolgt nur ein Ziel: Das Schrott-Fahrzeug so billig wie möglich zu erstehen. Meist treten zwei bis drei Käufer auf. Unisono reden sie laut und aggressiv auf den Verkäufer ein. Viele dieser Männer sind geschult und wissen genau, wie weit sie gehen können. Nicht selten verkaufen die Anbieter schließlich ihr Altauto weit unter dem zu erzielenden Preis.

Der Sprecher der Fahrzeugverwerter, Kletzmayr, fordert Anreizmodelle: „Das Verschrotten im Inland soll belohnt werden. Ähnlich der Öko-Prämie von 2009.“ Da Staat und Industrie von den Wracks profitieren, müssten auch beide Seiten Geld lockermachen.

Bei unserem Service-Center gehen laufend Anrufe zu den aggressiven Verhandlungspraktiken der Ankäufer ein. Unsere Mitglieder fühlen sich bei den Preisverhandlungen regelrecht überfahren“, bestätigt ARBÖ-Juristin Monika Gayer das der Nötigung nahekommende Auftreten der Käufer.

Und die Juristin weiß, wovon sie spricht. Denn ihr Mann verhandelte bereits mit zwei Wrack-Ankäufern: „Er hat sich den rüden Ton nicht gefallen lassen und das Gespräche beendet. Genau das muss ich jedem Verkäufer empfehlen. Beim kleinsten Problem sollte das Geschäft abgebrochen werden.“

Doch es lauern noch weitere, versteckte Fußangeln. Denn die Männer zahlen sofort in bar. Es wird geraten, zu prüfen, ob die Euroscheine auch echt sind.

Übergeben Sie auch nur Fahrzeuge, die abgemeldet sind. Der Vorschlag: „Wir melden ihr Auto schon ab“, ist sehr wahrscheinlich mit Problemen verbunden. Und bestehen Sie in jedem Fall auf einem Kaufvertrag.

Aber es gibt auch eine andere, positive Perspektive. Max Santner, Auslandschef des Roten Kreuzes , blickt 20 Jahre zurück: „Damals fuhr ich von Innsbruck über Sizilien nach Algerien und Marokko. Der 4000-Schilling-Ford Taunus ging mir in Nordafrika zwei Mal ein. In der algerischen Sandwüste haben mir Mechaniker die Rostschüssel ganz einfach zusammengeschweißt. Diese Leute können auf mechanischer Ebene exzellent improvisieren.“

Mobilität wird besser

Aus diesem Grund sind alte Fahrzeuge in Afrika auch so beliebt. Denn komplizierte Elektronik ist selten eingebaut. Einzig eine Klimaanlage wird gewünscht. „Betrachtet man den Importboom pragmatisch, muss unbedingt die Verbesserung der Mobilität auf dem Kontinent erwähnt werden“, resümiert Santner. Er gibt aber auch zu bedenken: „Fahrzeuge aus Europa werden in Kriegsgebieten auch Waffen und Kämpfer transportieren.“

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