Listerien-Quargel: Anklage gegen mehrere Verdächtige

APA1893496-2 - 16022010 - WIEN - ÖSTERREICH: Im Jänner wurden Listerien in verschiedenen Käsesorten einer oststeirischen Firma nachgewiesen. Nun wurde bekannt, dass im Vorjahr in Österreich insgesamt 45 Menschen mit den unterschiedlichsten Listerien infiziert waren. Zwölf von ihnen erkrankten an dem im Steirer-Käse festgestellten Typus. Vier Menschen davon starben hierzulande. Im Bild: Ein Salzstangerl wird am Dienstag, 16. Februar 2010, mit einem Weichkäse bestrichen (gestellte Szene). APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH
Details über Inhalt und Anzahl der Beschuldigten kommende Woche erwartet

Fünf Personen sind am Freitag nach jahrelangen Ermittlungen rund um einen im oststeirischen Hartberg produzierten Quargel, der mit Listerien verseucht war, wegen fahrlässiger Gemeingefährdung mit Todesfolge angeklagt worden. Wie die Staatsanwaltschaft Graz mitteilte, müsse die Anklage den Beschuldigten noch zugestellt werden. Deshalb werden erst in der kommenden Woche Details über den Inhalt der Klage sowie die betroffenen Personen bekannt gegeben. Der Käsehersteller wollte auf APA-Anfrage keine Stellungnahme abgeben, begrüße aber eine Aufklärung des Falles.

Acht Tote

Acht Menschen in Österreich und Deutschland waren Anfang des Jahres 2010 nach dem Konsum des Käses aus dem oststeirischen Werk der Firma Prolactal gestorben. Seither ermittelte die Staatsanwaltschaft und in deren Auftrag das Landeskriminalamt gegen Hersteller, Mitarbeiter und Behörden. Unter konkreten Verdacht gerieten schließlich fünf Mitarbeiter des oststeirischen Herstellers. Ein medizinisches Gutachten, das seit dem Frühjahr 2012 vorliegt, hatte ergeben, dass bei sieben Konsumenten die Listeriose zumindest mitverantwortlich für den Tod war.

Schon vor dem abschließenden Gutachten haben Sachverständige Mängel im Qualitätsmanagement und nicht rechtzeitig getroffene Maßnahmen zur Behebung des Problems festgestellt - insbesondere bei der Prüfung des Mindesthaltbarkeitsdatums der zu verarbeitenden Rohstoffe. Außerdem seien Probeziehungen nicht ordnungsgemäß erfolgt und Produktionsstopp sowie Rückholung nicht rechtzeitig veranlasst worden. Zudem seien die Verantwortlichen "offensichtlich von einer falschen Toleranzgrenze" ausgegangen, hieß es seitens der Anklagebehörde.

BZÖ kritisiert Stöger

Der steirische BZÖ-Landesparteiobmann Gerald Grosz kritisierte am Freitag die lange Ermittlungsdauer und unterstellte Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ), schon am 14. August 2009 von den Behörden über einen Listerien-Bakterienstamm in Lebensmitteln durch eine interne Meldung informiert worden zu sein: "Erst am 27. Oktober haben die Gesundheitsbehörden agiert und am 12. November 2009 die Bundesländer zur Mithilfe beauftragt. Erst im Jänner 2010 hat Stöger die EU informiert, aber gleichzeitig gegenüber Medienvertretern jeglichen Listerien-Ausbruch verneint." Kurz darauf wurden Todesfälle öffentlich. Ein Zusammenhang mit dem "Versagen eines Ministers" sei augenscheinlich: "Wenn die Staatsanwaltschaft das anders sieht, werden wir ihr im Rahmen von parlamentarischen Anfragen die Möglichkeit geben, ihre willkürlichen Ermittlungsschritte offenzulegen."

Mehrere Klagen wurden seit dem Tod der Konsumenten in Österreich und Deutschland verhandelt. Ein 57-jähriger Oberösterreicher hat im März 2013 gegen das Linzer Unternehmen Prolactal beim Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien Klage eingebracht. Der Streitwert liegt bei rund 2,3 Millionen Euro. 21 Parteien, darunter Hersteller, Handelsketten und die Republik Österreich, wurden beklagt.

Klage gegen Lidl

Lidl Deutschland wurde ebenfalls bereits geklagt. Das Amtsgericht Heilbronn hatte wegen Verstößen gegen das Lebensmittelrecht über das Unternehmen Geldstrafen von insgesamt 1,5 Millionen Euro verhängt. Lidl nahm die Entscheidung an und erklärte, die Ergebnisse von routinemäßigen Untersuchungen falsch interpretiert zu haben. Der Diskonter habe sich damals offenbar mit einer Beanstandung gegenüber dem Hersteller begnügt, aber auf einen bundesweiten Rückruf verzichtet und auch die deutschen Behörden nicht informiert, so Klauser.

Im Juni 2011 hatte eine Klage des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) in Vertretung von sechs Erkrankten und zwei Erben gegen Prolactal beim Landesgericht Linz mit einem Vergleich geendet. Schadenersatzansprüche in Höhe von 76.000 Euro wurden geltend gemacht.

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