Leichtsinn am Berg wird richtig teuer

Nicht selten riskiert die Hubschrauber-Crew Kopf und Kragen, um Freizeitsportler zu retten
Flugpolizei stellt Freizeitsportlern in Zukunft die Bergungen in Rechnung.

Waghalsigen Freizeitsportlern, die aus Eigenverschulden in Not geraten, kann ihr Leichtsinn in Zukunft teuer zu stehen kommen – nicht nur was ihre Gesundheit betrifft. Wegen der ausufernden Zahl von Berge-Einsätzen der Flugpolizei arbeitet das Innenministerium an einer Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes. In Zukunft müssen die Flüge vom Verursacher bezahlt werden, bisher kam der Steuerzahler dafür auf.

Wer sich in Österreichs Bergen in Gefahr begibt, hat zum Glück ein engmaschiges Auffangnetz. Während der ÖAMTC verunglückte und verletzte Skifahrer, Wanderer oder Mountainbiker vom Berg holt, ist die Flugpolizei des Innenministeriums für die Abgängigensuche oder Bergung der Unverletzten verantwortlich. Mit einem großen Unterschied: Die Christophorus-Flotte stellt ihre kostspieligen Rettungseinsätze nach Sport- und Freizeitunfällen ausnahmslos in Rechnung, die Flugpolizei darf das hingegen nicht. "Wir haben nach dem Paragrafen 19 des Sicherheitspolizeigesetzes den Auftrag, zu helfen. Daher dürfen wir auch nichts verrechnen. Mittlerweile ist es aber nicht mehr zumutbar, den Aufwand der Allgemeinheit aufzubrummen", erklärt der Leiter der Flugpolizei, Werner Senn.

Die immer waghalsigeren Abenteuer von Freizeitsportlern haben die Flugeinsätze und Kosten nach oben schnellen lassen. Bei 300 bis 350 Bergungen von unverletzten Amateursportlern pro Jahr kratzen die Kosten bereits an der Millionengrenze.

Lebensgefahr

Laut Senn werden die blauen Hubschrauber des Innenministeriums zu den haarsträubendsten Notfällen gerufen. Als Beispiele nennt er überambitionierte Sportler, die im Schneesturm einen 3000er-Gipfel bezwingen wollen, oder Wintersportler, die ohne jegliche Ortskenntnis abgelegene Berghänge befahren, bis sie vor einer senkrechten Felswand stehen und nicht mehr weiter wissen.

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Die Hubschrauber-Crew muss oft selbst Kopf und Kragen riskieren, um die in Not geratenen Personen aus ihrer misslichen Lage zu befreien. "Schließlich versucht man Menschenleben zu retten. Leider herrscht in der Gesellschaft eine Vollkasko-Mentalität. Heute hat man ein sehr dicht ausgebautes Handynetz. Die Leute riskieren alles, weil sie wissen, dass sie Hilfe rufen können, wenn es einmal nicht mehr weitergeht", erklärt Senn. Diese Beobachtung hat auch der ÖAMTC gemacht.

Versicherungsschutz

Wie die Erfahrungen bei der Verrechnung der Einsätze mit Verletzten zeigen, besteht bei fast 90 Prozent der Verunglückten eine sogenannte Bergekosten-Versicherung. "Kreditkartenanbieter, die Bergrettung, der ÖAMTC selbst oder andere Institutionen bieten den entsprechenden Versicherungsschutz an. Oft wissen es die Betroffenen gar nicht, dass diese Kosten gedeckt sind", erklärt der Sprecher der ÖAMTC-Flugrettung, Ralph Schüller. Mittlerweile fliegt die Christophorus-Flotte 1800 solcher Einsätze pro Jahr. Laut Schüller sind das rund zwölf Prozent des gesamten Flugaufkommens.

In Rechnung gestellt werden derzeit 91 Euro pro Flugminute. In fast allen Fällen bekommen die fliegenden Helfer die Kosten zurück erstattet. Probleme gäbe es nur manchmal mit "Fluggästen" aus dem Ausland, bei denen sich das Geld nur schwer eintreiben lässt.

Die Flugpolizei kann in Österreich auf eine lange Geschichte zurück blicken. Mit der Unterzeichnung des Staatsvertrages 1955 hob das Innenministerium offiziell in die Lüfte ab. Im März 1956 konnte das erste Mal eine verunfallte Skifahrerin von einem mit Kufen ausgestatteten Piper-Motorflugzeug von Kühtai nach Innsbruck geflogen werden.

Mittlerweile werden von acht Standorten in Österreich mit insgesamt 16 Hubschraubern rund 4500 Einsätze pro Jahr geflogen. Der Großteil davon sind Flüge in staats- und kriminalpolizeilichen Angelegenheiten, sowie zur Überwachung von Großveranstaltungen, Staatsbesuchen oder zur Verkehrsüberwachung. Für diese Zwecke verfügt die Flugpolizei über Maschinen mit modernster Überwachungstechnik – genannt "FLIR"-Hubschrauber. Die Bezeichnung steht für "Forward Looking Infrared System". Das Infrarotgerät spürt aus der Luft Wärmequellen auf. Es kann Temperaturunterschiede von bis zu 0,1 Grad auf einem Bildschirm des Flight-Operators sichtbar machen. Der Beamte bedient das Gerät von der Rückbank des Helikopters. "Alle Bilder und Daten können auch in eine Einsatzzentrale am Boden übertragen werden", erklärt der Leiter der Flugpolizei, Werner Senn.

Die Technik ist mittlerweile soweit, dass mit Kameras am Hubschrauber bei guter Sicht Autokennzeichen bereits aus einer Entfernung von sechs Kilometern abgelesen werden können. Eigene Nachtsichtbrillen (Night Vision Goggles) ermöglichen es der Flugpolizei auch nachts, Einsätze zu fliegen.

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