Lech: Die Angst vor einem Geisterdorf

In Lech gibt es bereits rund 700 Ferienwohnungen
Dem Nobelskiort droht eine Flut von neuen Freizeitwohnsitzen. Die Gemeinde wehrt sich.

Der Dornbirner Anwalt Karl Schelling hat diesen Rechtsstreit längst auch zu seinem persönlichen Kampf gemacht. "Ich ziehe das durch und gehe durch alle Instanzen", sagt der Vorarlberger. Er vertritt 43 Mandanten, die in Lech für ihren Immobilien-Besitz eine Ferienwohnungswidmung von der Gemeinde möchten. Darunter sind prominente Namen wie der ehemalige EU-Parlamentarier Hans-Peter Martin, der ein Haus im Ort hat. Zu Schellings Mandanten gehören aber auch Besitzer von Pensionen und Hotels.

Für beide Seiten geht es um viel: Die Gemeinde befürchtet den Ausverkauf im Nobel-Skiort. Die Antragsteller können den Wert ihres Besitzes massiv steigern. Am Montag behandelte der Gemeinderat von Lech 36 Widmungsanträge. Und lehnte alle ab. "Wir bekennen uns dazu, dass Lech-Zürs auch in Zukunft nicht nur Wirtschaftsraum, sondern vor allem Lebensraum für die Einheimischen sein will, mit leistbarem Wohnraum und sozialer Infrastruktur", erklärte Bürgermeister Ludwig Muxel.

Der Fall Vettel

Das Schreckgespenst heißt Geisterdorf. Schon jetzt gibt es im Ort rund 700 Ferienwohnungen. Und die Begehrlichkeiten von zahlungskräftigen Gästen sind enorm. Verkäufer wiederum können sich eine goldene Nase verdienen. Ein als Ferienwohnsitz gewidmete Wohnung verdoppelt ihren Wert. Formel-1-Star Sebastian Vettel ließ sich 2015 ein Appartement mit 138,5 Quadratmetern 3,5 Millionen Euro kosten. Dass es für diese Immobilie für den vorigen Besitzer – einen Hotelier – die Widmung gab, ließ wieder einmal die Wogen hoch gehen. Bürgermeister Muxel betonte stets, dass der Gemeindevorstand in jedem Einzelfall sehr genau abgewogen habe.

"Der Bürgermeister hat in der Vergangenheit immer wieder gesagt: Meinen Promis gebe ich das", sagt Schelling. Dass ein Haus mit einer Widmung zu einem teuer veräußerbaren Ferienwohnsitz wird und der Nachbar mit einem Antrag vielleicht durch die Finger schaut, ist für Schelling nicht nachvollziehbar und Ausgangspunkt für den Rechtsstreit. Der hat inzwischen dazu geführt, dass Vorarlberg 2015 wegen einer drohenden EU-Klage sein Raumordnungsgesetz ändern musste. Zuvor hatten Gemeinden viel Ermessensspielraum, der eingeengt wurde.

Die nunmehrige Ablehnung der Anträge, die vor der Novelle gestellt wurden, ist für Schelling keine Überraschung. Nun geht es in die nächste Instanz. Die vom Anwalt vertretenen Widmungsbegehren stehen für rund 300 Wohnungen. Neben Schellings Klienten stehen noch weitere 51 in der Warteschleife. Verliert Lech den Rechtsstreit, droht der Ausverkauf.

Kommentare