Laserpistole mit Fehlmessungen
Unfehlbar ist nicht nur der Papst, sondern offenbar auch die Verkehrspolizei. Bei Zweiteren sieht das zumindest die österreichische Gesetzgebung so. Ein Irrtum ist unmöglich. Doch bis zu 20 Prozent der Entscheidungen der „Rennleitung“, wie Raser die Polizei oft nennen, könnten falsch sein. Das sieht zumindest Frank Jäger von der deutschen Physikalisch-Technischen Bundesanstalt so. „Zwischen zehn und 20 Prozent der Messungen sind wegen technischer Einwände angreifbar“, sagte der Experte kürzlich in einem Interview mit Die Welt. Grund sind vor allem Reflektionen, etwa an Lärmschutzwänden, oder dass irrtümlich andere Fahrzeuge gemessen werden. Denn bereits nach 250 Metern ist der Messbereich vier Meter groß. In Österreich darf sogar bis zu 1500 Meter mit der Laserpistole gemessen werden.
Expertenkritik
In Deutschland werden die gleichen Messgeräte verwendet wie in Österreich. Hierzulande sind vor allem Produkte von LTI und Riegl im Einsatz. „Niemand hat dabei eine Chance zu beweisen, dass nicht sein Fahrzeug, sondern ein anderes Objekt gemessen wurde“, erklärt ÖAMTC-Chefjurist Martin Hoffer. „Selbst in einem Verfahren hat ein Lenker keine Chance, die manchmal falsche Wahrnehmung des ,geschulten Organs der Straßenaufsicht‘ zu widerlegen.“ Heuer werden wieder rund 800.000 Messungen durchgeführt werden, bis zu 160.000 könnten dabei also falsch sein. Gerade jetzt zu Pfingsten wird im Rahmen verschärfter Kontrollen eifrig „geblitzt“, bis zu 50.000 Raser werden allein an diesem verlängerten Wochenende mit mobilen Radar und Laser erwischt.
Videobeweis ist teuer
Im Innenministerium hat man trotz all dieser Probleme „keine Intention“, auf ein System mit Videobeweis umzusteigen. Auch Verkehrspolizisten reagieren eher unwirsch auf solche Forderungen. „Das Video-Tool verwenden nicht viele Länder, es ist sehr teuer. Das jetzige ist für uns anwenderfreundlich“, heißt es im Innenressort. „Die Beamten sind zufrieden, und es gibt nur sehr wenige Einsprüche.“ Tatsächlich wurde in Österreich noch kaum prozessiert, im Gegensatz zu Deutschland, wo einigen Lenkern recht gegeben wurde. In einem Fall konnte ein Polizist sogar vor Gericht nicht einmal erklären, wie man eine Laserpistole genau bedient.
Die Chance, selbst einen Beweis herzustellen, haben Autofahrer jedenfalls nicht. Erst vor wenigen Wochen hat die Datenschutzkommission Videoaufnahmen im Auto untersagt. Bis zu 20.000 Lenker soll es laut Schätzungen gegeben haben, die sogenannte „Russenkameras“ im Fahrzeug montiert hatten. Dies kann nun bis zu 20.000 Euro kosten. Im Vergleich zu einem Strafzettel wegen Schnellfahrens also ziemlich teuer.
„Es geht hier um Waffengleichheit mit der Polizei“, kritisiert Hoffer dieses Urteil der Datenschützer. „In einem Verfahren sollte aber alles hieb- und stichfest sein.“ Dafür sei eben ein Videobeweis notwendig.
FAKTEN: Polizei in Zahlen
1217 Laserpistolen werden derzeit auf Österreichs Straßen eingesetzt.
2953 Blaulichtfahrzeuge sind zu Pfingsten im Einsatz, 103 davon sind Zivilstreifen.
782 Tausend So viele Schnellfahrer wurden im Vorjahr per Laser erwischt. Über 50.000 davon am Pfingstwochenende.
4,8 Millionen So viele Anzeigen und Organmandate gab es insgesamt für Raser, durch Laser, Radarboxen und Section Control.
In Deutschland testet die Behörde ein neues Projekt zur Verkehrssicherheit. Im niedersächsischen Göttingen werden die Standorte von Radarfallen im Vorfeld von der Polizei auf Facebook veröffentlicht. In Österreich tritt das Innenministerium klar gegen das Projekt auf. Beim Autofahrerclub ARBÖ beispielsweise ist man weit aufgeschlossener und glaubt an eine präventive Wirkung, die die Autofahrer einbremst.
Bei dem Projekt in Deutschland werden Autofahrer via Facebook oder Smartphone über aktuelle Radarstandorte rund um die Uhr am Laufenden gehalten. Trotz der Vorwarnung im sozialen Netzwerk sowie ausführlicher Berichterstattung in Zeitungen, Radio und im TV tappten laut NDR beim ersten Blitzer-Marathon mehr als tausend Autofahrer in die Radarfalle. Der Verkehrsclub Deutschland erwartet sich keinen dauerhaften Nutzen von der Aktion. Autofahrer würden nicht dauerhaft ihr Fahrverhalten ändern. Skeptisch auch die Reaktion der heimischen Polizei: „Das trägt nicht zur Verkehrssicherheit bei“, erklärte Martin Germ, Leiter der Verkehrsabteilung im Innenministerium, im Ö1-„Morgenjournal“. Die Fahrer würden unmittelbar vor der Radarbox abbremsen und dann wieder schneller weiterfahren: „Das ist ja nicht Sinn und Zweck der Verkehrsüberwachung“, so Germ.
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