Kritik an neuen Bauvorschriften: Stadt sieht Land als Miettreiber
Keine andere Landeshauptstadt wächst derart rasant, wie Innsbruck. Im vergangen Jahr lag der Zuzug bei 3,1 Prozent. 150.000 Menschen leben bereits in der Stadt, die angesichts der beengten Verhältnisse aus allen Nähten zu platzen droht. Das treibt die Mietpreise auf dem freien Markt seit Jahren in die Höhe. Studenten müssen für ein WG-Zimmer mit 400 bis 500 Euro Miete kalkulieren. Familien können sich außerhalb des geförderten Bereichs kaum mehr Wohnungen im Stadtgebiet leisten. Kalt-Mieten von 1100 Euro und mehr für 100 Quadratmeter sind längst Standard.
"So etwas gibt es sonst vielleicht noch im ersten Bezirk von Wien", sagt Innsbrucks Wohn-Stadtrat Gerhard Fritz von den Grünen. In einer geplanten Novelle der Bauvorschriften des Landes sieht er und mit ihm der gesamte Stadtsenat die Gefahr von weiteren Kostensteigerungen. In dem Vorschriftenpaket stecke nicht "der eine große Hammer", sagt Fritz: "Aber jede Verschärfung der Richtlinien lässt die Kosten steigen."
Verschandelter Altbau
Der Politiker sieht aber auch das Stadtbild in Gefahr – vor allem in den Gründerzeitvierteln: "Um hier bei einer Renovierung in die höchste Förderstufe zu fallen, müsste man die Fassade hinter 25 Zentimetern Dämmstoff verpacken, damit die strengeren Energiestandards eingehalten werden." In 25 Jahren sei das Styropor noch dazu Sondermüll.
Das Land will mit seinen Richtlinien neuen Normen und EU-Richtlinien nachkommen – etwa im Bereich "Energieeinsparung und Wärmeschutz". Dass die Stadt die neuen Vorschriften ablehnt, kann Wohnbau-Landesrat Johannes Tratter (ÖVP) nicht nachvollziehen. So seien etwa "die Anforderungen im Bereich des Brandschutzes reduziert worden. Dazu kommen zahlreiche Erleichterungen bei Türen, Treppen, Rampen und Aufzügen durch nun mögliche kostengünstigere Systeme."
Rückendeckung bekommt Tratter von der Neuen Heimat, dem größten gemeinnützigen Wohnbauträger Tirols. "Wir können beruhigen. Bei unseren Wohnbauten werden die neuen Richtlinien nicht zu Kostensteigerungen führen", sagt Geschäftsführer Hannes Gschwentner. Er sieht in den neuen Vorschriften nur minimale Verschärfungen. Die würden jedoch durch Erleichterungen beim Brandschutz kostenseitig mehr als wettgemacht.
Gerhard Fritz bleibt jedoch bei seiner Kritik. "Die Sachen summieren sich. Unsere Fachleute stöhnen", sagt der Stadtrat und nennt ein Beispiel der letzten Novelle: "Während wir intensiv darüber nachdenken, die Stellplatzverordnung zu ändern, damit die Wohnbauförderung nicht in Tiefgaragenplätzen verbaut wird, die keiner braucht, wurde die Normbreite für die Parkplätze erhöht."
Ungenutzte Parkplätze
Dass die Zahl der vorgeschriebenen Stellplätze sich nicht immer am Bedarf orientiert und so die Baukosten in die Höhe getrieben werden, sorgt auch für Ärger in der Baubranche. In Innsbruck werden laut Fritz etwa statt der vorgeschriebenen 1,1 Plätze pro Wohneinheit im Schnitt nur 0,8 genützt, in der Innenstadt sogar nur 0,5 Prozent.
Die Diskussionen um leistbaren Wohnraum in Innsbruck werden nicht abreißen. Derzeit findet die größte Bauoffensive seit den Olympischen Spielen 1976 statt. Und 2025 sollen bereits 165.000 Menschen in der Stadt leben.
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