Krebskranker Bub mit Benzin "behandelt"

Kranken wurde Kochsalz oder Benzin verabreicht
Zwei Tätergruppen versprachen Todkranken Heilung.

Es waren die gesamten Ersparnisse, die eine Familie mit marokkanischen Wurzeln aus Wels, OÖ, für ihr todkrankes Kind zusammenkratzte. Alles, was man hatte, wurde verkauft: 65.000 Euro übergab sie einem angeblichen Onkologen, damit der Zehnjährige überlebt. Der Bub litt an einem unheilbaren Gehirntumor. Ärzte hatten die Hoffnung bereits aufgegeben. Doch dann tauchten die Wunderheiler auf und garantierten: "Wir können Ihr Kind heilen." Das wäre nur eine Frage des Geldes.

Qualvoller Tod

Krebskranker Bub mit Benzin "behandelt"
Yellow triangular danger sign with skull and bones. Vector Bildnummer: 76730573 Warnschild, Gefahr, Schädel, Gelb, Verboten, Menschlicher Knochen, Kreuz, Vektor, Dreieck, Stromschlag, Stromleitung, Etikett, Schild, Malen, Sicherheitsmaßnahme, Transparent, Illustration, Menschen, Form, Menschlicher Körper, Symbol, Spruchband, Tod, Menschliches Körperteil, 2015, Technologie, Tot, Muster, Risiko, Emblem, Weiß, Bildhintergrund, Schmutzig, Kabel, Schwarz, Computer, Design, Designelement
Um das Geld sollen die Männer eine Villa angemietet haben, in dem sie den Buben "behandelten". Zum einem mit einem nicht zugelassenen Präparat namens GcMAF. Zum anderen mit einer Wunderkur aus Siedegrenzbenzin (Reinigungsbenzin), Kohlenstoff und THC (Bestandteil von Cannabis). Das sollen sie in einem Keller selbst hergestellt, und die Mischung dem Buben verabreicht haben. Er starb im November 2015 qualvoll.

"Es ist erschreckend, wie skrupellos die Täter vorgegangen sind. Um maximalen Profit zu machen, haben sie sogar den qualvollen Tod eines Zehnjährigen in Kauf genommen", sagt Vincenz Kriegs-Au, Sprecher des Bundeskriminalamts.

Es soll nicht das einzige Mal gewesen sein, dass die neunköpfige Tätergruppe Geschäft mit der Verzweiflung Todkranker gemacht haben soll. Insgesamt zwölf Opfer konnten die Ermittler des Bundeskriminalamts ausforschen. Vier der neun mutmaßlichen Betrüger befinden sich in Untersuchungshaft. Bei den angeblichen Krebsärzten und Apothekern handelt es sich in Wirklichkeit um einen Steinmetz, einen Wettlokal-Betreiber, einen pensionierten Zahnarzt und einen Baumeister. Ermittelt wird gegen sie "nur" wegen schweren Betrugs. "Die Menschen waren schwerst krank. Es gibt keinen Anhaltspunkt, dass ihr Tod kausal herbeigeführt wurde", erklärt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Wels.

Auch in Vorarlberg wollte ein (anderes) Duo das große Geld mit Krebskranken machen. Laut Bundeskriminalamt handelt es sich um einen praktischen Arzt und seine Assistentin. Der Mediziner soll das angebliche Medikament "Powerlight" als Krebsheilmittel vertrieben haben. "Zum Teil wurden hundertprozentige Heilversprechen gemacht", heißt es von Seiten des Bundeskriminalamts. Doch eine Analyse des Präparates ergab: In den Ampullen befand sich lediglich Kochsalzlösung.

Gestaffelte Preise

Beim Preis zeigte man sich flexibel – er wurde nach dem Einkommen und der Schwere der Krankheit gestaffelt. Im Schnitt soll der Mediziner für vier Ampullen 1600 Euro verlangt haben. Bestellt werden konnte das angebliche Wundermittel über das Internet, denn der beschuldigte Arzt soll einen eigenen Vertrieb gegründet haben. Ein persönlicher Besuch beim Arzt war für den Erwerb der Ampullen nicht nötig. Eine Anfrage per eMail genügte, und das Produkt wurde nach Überweisung des Betrages mit der Post versandt.

Die Tochter eines Opfers erstattete Anzeige und ließ so den Schwindel auffliegen. Im Zuge der Ermittlungen konnten 80 Geschädigte ausgeforscht haben, die von Ende 2015 bis Mitte 2016 "Powerlight" gekauft hatten. Ein Großteil der Patienten ist bereits verstorben, oft konnten nur noch Angehörige befragt werden. Der bisher ermittelte Gesamtschaden beläuft sich auf 70.000 Euro. Der Arzt und seine Assistentin wurden auf freiem Fuß angezeigt. Betrugsabsicht bestreiten die beiden laut Bundeskriminalamt "vehement".

In beiden Fällen gehen die Ermittler von weiteren Opfern aus. Hinweise sind per eMail an BMI-II-BK-3-1-6@bmi.gv.at. erbeten.

Kommentare